Süddeutsche Zeitung

Familie von Thurn und Taxis:Regensburg plant einen fürstlichen Deal

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Kolumne von Wolfgang Wittl

Die Familie von Thurn und Taxis hat in ihrer Geschichte einige schillernde Persönlichkeiten hervorgebracht. Weniger volatil ist ihr Sinn für gute Geschäfte. Es begann vor gut 500 Jahren, als der deutsche König Maximilian I. für seine verstreuten Angehörigen ein Kommunikationssystem benötigte. Die Familie Taxis, damals noch ohne Thurn, erkannte als erste die Möglichkeiten.

Sie gründete eine Post, perfektionierte den Kurierdienst, dehnte ihren Einflussbereich über halb Europa aus und stieg in der Gunst der hohen Herrschaften stetig auf. Als die Post nach und nach verstaatlicht wurde, ließ sie sich dafür teuer entlohnen - und wechselte ins Immobilienfach. Heute gilt die Familie als größter Privatwaldbesitzer des Landes, in der Liste der reichsten Deutschen hat sie ihren Platz sicher.

Wenn es wirklich einmal kritisch wurde, konnte sich das Fürstenhaus immer auf sein Verhandlungsgeschick mit den Mächtigen verlassen. Als etwa nach dem Tod von Johannes von Thurn und Taxis, einem Freund von Franz Josef Strauß, eine zig Millionen teure Erbschaftssteuer fällig wurde, kaufte der Freistaat Anfang der Neunzigerjahre kurzerhand zahlreiche Kunstschätze der Familie. Die allerdings haben das Schloss nie verlassen, sondern sind dort zu besichtigen - nun als Außenstelle des Nationalmuseums.

Eine Win-win-Situation - nicht nur für die Stadt

Diese Geschichte ist dieser Tage wieder öfter zu hören, wenn über den Millionendeal gesprochen wird, der sich zwischen der Stadt und dem Fürstenhaus anbahnt. Regensburg möchte 2024 die Landesgartenschau ausrichten und gleichzeitig die Ansiedlung eines BMW-Logistikzentrums für 2000 Mitarbeiter forcieren. Beide Grundstücke gehören jedoch derer von Thurn und Taxis.

Die Stadt wäre bereit, für die Gartenschau große Teile des Terrains zu erwerben und ein verfallenes Gut zu sanieren. Zudem soll das Fürstenhaus Baurecht sowie die Genehmigung für eine umstrittene Parkgarage erhalten. Im Gegenzug würde es der Stadt weiteren Grund für eine Straße abtreten. Das Paket dürfte einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag schwer sein - alles unter dem Vorbehalt, dass die BMW-Ansiedlung klappt. Im Rathaus spricht man daher von einer Win-win-Situation. Das Fürstenhaus kann es sich leisten, zu schweigen.

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Quelle:
SZ vom 09.04.2015
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