Süddeutsche Zeitung

Beziehungsende:"Die dumme Gans hat gestern Schluss gemacht"

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Einen Tag vor Heiligabend verlässt ihn seine Freundin, also drapiert ein Franke aus Frust seine Weihnachtsgans an einen Brunnen - ungebraten und mit bösem Kommentar.

Kolumne von Katja Auer

Weihnachten ist das Fest der Liebe und weil die wiederum durch den Magen geht, halten sich nach den Feiertagen viele Leute die Bäuche. Braten und Knödel müssen verdaut werden, die nächtlichen Mettenwürste erst recht, Plätzchen und Lebkuchen noch gar aufgegessen. Der Appetit vergangen ist allerdings einem Mann aus Bad Brückenau, den seine Freundin ausgerechnet an Weihnachten abservierte.

"Der Schmerz über das Beziehungsende muss gewaltig gewesen sein", analysierte die Polizei, die am Heiligen Abend auf den Bad Brückenauer Marktplatz gerufen wurde. Dort nämlich war das Brunnenensemble um eine stattliche Weihnachtsgans erweitert worden, küchenfertig, allerdings ungebraten, und die Erklärung der Installation war auf einem Pappschild zu lesen. "Scheiß auf Weihnachten", stand da geschrieben, seine Freundin, "die dumme Gans" habe mit ihm Schluss gemacht und nun sei er Weihnachten alleine und habe deswegen keine Lust mehr auf diese Gans, also die weihnachtliche.

Eine drastische Aktion, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Denn "angesichts der Herz zerreißenden Zeilen" ließ die Polizei Milde walten und "verzichtete auf eine tiefer gehende Prüfung des Sachverhalts". Stattdessen entsorgten die Beamten "die traurigen Reste einer früher wohl glücklichen Beziehung".

Nun ist dank der taktvollen Polizisten weder über den appetitlosen Unglücklichen noch über die vorangegangene Beziehung mehr bekannt geworden, aber die nackte Gans ist doch ein grobes Ende. Dabei lässt sich Fleisch durchaus liebevoll präsentieren, in Franken ohnehin, wie es gerade die Bamberger beweisen. Dort setzt sich zurzeit ein Hit fest in der Stadt, der Sänger "Bambägga" hat "ein Herz aus Presssack" besungen, in einer gerappten Hymne auf die fränkische Wurstkultur.

Presssack ist sensationell, heißt es in dem Lied, und weil ihm in dieser Analyse offenbar viele Franken zustimmen, ist aus dem Partysong schon Ernst geworden. Die ersten Metzgereien der Stadt bieten bereits Herzen aus Presssack an, eine Hälfte rot, eine Hälfte weiß, manche sollen zu Weihnachten bereits unter den Bamberger Christbäumen gelegen haben. Weil Liebe eben durch den Magen geht.

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Quelle:
SZ vom 27.12.2017
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