Süddeutsche Zeitung

Marode Schwimmbäder:"Schwimmen darf nicht Luxusgut nur gut Betuchter werden"

Lesezeit: 1 min

Von Lisa Schnell, München

Verbände und Städtetag üben auf die Staatsregierung Druck aus, den Erhalt von Schwimmbädern besser zu fördern. Das geht aus ihren Positionspapieren hervor, die an diesem Mittwoch im Kommunalausschuss des Landtags besprochen werden. Laut einer Umfrage der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) sind fast 60 Prozent der zehnjährigen Kinder keine sicheren Schwimmer.

Um dies zu ändern, brauche es als erste Voraussetzung eine ausreichende Anzahl geeigneter Schwimmbäder, heißt es im Papier des Städtetages. Zahlreiche öffentliche Schwimmbäder in Bayern würden aber geschlossen. Etwa ein Drittel der 910 öffentlichen Schwimmbäder sind sanierungsbedürftig, 54 droht die Schließung heißt es in einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des SPD-Fraktionschefs Markus Rinderspacher.

Da der Hauptgrund für Schließungen der hohe Investitionsbedarf sei, fordert der Städtetag ein staatliches Förderprogramm für die Generalsanierung kommunaler Bäder, das mit Mitteln außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs ausgestattet wird. Die Freien Wähler wollen ähnliches und die SPD tritt für einen staatlichen Sonderfonds von 30 Millionen Euro ein.

Bau und Unterhalt von Schwimmbädern gehören derzeit zu den freiwilligen Aufgaben der Gemeinden, eine staatliche Förderung von bis zu 90 Prozent ist nur für Schulschwimmbäder vorgesehen. Und das auch nur dann, wenn das Schwimmbad von 60 Sportklassen genutzt wird, für Kommunen im ländlichen Bereich reichen unter bestimmten Voraussetzungen auch 40 Klassen.

"Die Hürden sind so hoch, dass in der Realität keiner in den Genuss der Förderung kommt", sagt Jürgen Mistol von den Grünen. Seit Jahren beschäftige das Thema den Landtag, jetzt müsse endlich etwas vorangehen. Derzeit erhebt eine Arbeitsgruppe der Staatsregierung den Sanierungsbedarf von Schwimmbädern. Noch warte man auf die Rückmeldungen der Kommunen, sagt Peter Winter, finanzpolitischer Sprecher der CSU.

Die DLRG kritisiert zudem, dass ihre Schwimmausbilder nicht an Schulen unterrichten dürften, obwohl sie besser qualifiziert seien als mancher Sportlehrer. Die Schule sei für Kinder mit Migrationshintergrund und sozial Schwache oft die einzige Chance, schwimmen zu lernen, heißt es im Papier des deutschen Sportlehrerverbands: "Schwimmen darf nicht Luxusgut nur gut Betuchter werden." Von den Flüchtlingen können nach Schätzung der DLRG nur zehn Prozent schwimmen.

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Quelle:
SZ vom 21.02.2018
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