Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl in Bayern:Das neue Parlament muss die AfD demaskieren

Lesezeit: 2 min

Zum ersten Mal seit 50 Jahren sind Rechtspopulisten im bayerischen Landtag vertreten. Das bietet auch eine Chance: Der Parlamentarismus kann die AfD enttarnen und deutlich machen, welch menschenverachtende Ansichten die vermeintlichen Kümmerer vertreten.

Kommentar von Katja Auer

Nein, es ist keine Überraschung dass die AfD nun tatsächlich in den Landtag einzieht, die Demoskopen haben es prophezeit und die Stimmung in der Bevölkerung ohnehin. Dass es nun den Hochrechnungen zufolge gut zehn Prozent geworden sind, also weniger als in den jüngsten Umfragen, mögen viele als Erleichterung empfinden, einen enormen Zuspruch hat die Partei dennoch. So groß ist die Unzufriedenheit bei einem Teil der Wähler, dass die Hetze der AfD auf fruchtbaren Boden fällt.

Die historische Dimension dieser Wahlentscheidung ist allerdings etwas aus dem Blick geraten, eben weil sie sich schon so lange abzeichnete. Im Bundestag sitzt die AfD längst, in den allermeisten Landtagen ohnehin, in zwei Wochen werden sie die Liste bei der Landtagswahl in Hessen mutmaßlich komplettieren.

Es ist zum ersten Mal seit 50 Jahren, dass Rechtspopulisten im bayerischen Parlament vertreten sind. Seit die NPD von 1966 an - mit damals 7,4 Prozent - für vier Jahre im Landtag saß, war das nicht mehr der Fall. Die Republikaner scheiterten 1990 knapp. Damals war es der CSU noch gelungen, ihren Schirm so weit über das Volk zu spannen, dass sich sowohl sehr Konservative mit Hang nach rechts als auch Liberale darunter sammeln konnten. Das ist dieses Mal grandios gescheitert, beim Ruck nach rechts verlor die CSU die Wähler in der Mitte, beim Zurückrutschen nahm sie die nicht wieder mit, die zuvor an die AfD verloren gegangen waren. Mit diesem Irrlichtern hat die CSU massiv zum Erfolg der AfD beigetragen.

Freilich dürfen die Wähler der AfD nicht kollektiv als Rechtsradikale diskreditiert werden. Dass sich aber unter den Kandidaten und Funktionären der Partei auch Leute befinden, die nicht einfach konservative, sondern schlicht rechtsextremistische Haltungen vertreten, das gehört zur Wahrheit. Diese zu demaskieren, das wird Aufgabe des neuen Parlaments sein.

Es wird ein buntes Parlament mit wahrscheinlich sechs Parteien, und es muss ein arbeitsintensives werden. Vorbei ist die Zeit, als sich ein paar wenige Abgeordnete im Plenarsaal mit Spezialthemen beschäftigten, während die anderen in der Gaststätte schon Karten spielten. Präsenz und Aufmerksamkeit werden nun gefragt sein, um den Landtag nicht denen zu überlassen, die ihn als Plattform für schlichte Parolen und ihr eigenes Märtyrergehabe missbrauchen wollen.

Der Parlamentarismus bietet die Chance, die AfD zu enttarnen und deutlich zu machen, welch menschenverachtende Anschauungen die vermeintlichen Kümmerer zum Teil vertreten. Für den neuen Landtag ist das eine Herausforderung. Und eine Chance.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4169913
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.10.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.