Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl:Das personifizierte Update

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Von Lisa Schnell, München

Martin Hagen soll die FDP zurück in den Landtag führen. Der 36-jährige ehemalige Landesgeschäftsführer entschied die erste Urwahl der bayerischen Liberalen für sich. In der Stichwahl setzte er sich mit 58,7 Prozent der Stimmen gegen den ehemaligen Landesvorsitzenden Albert Duin durch. Für Hagen stimmten 1179 FDP-Mitglieder, Duin erhielt 813 Stimmen.

Offiziell gekürt wird Hagen auf einem Parteitag Ende März. Martin Hagen wurde 1981 in La Spezia, Italien, geboren, wo sein Vater arbeitete. Als er zwei Jahre alt war, zog die Familie zurück nach Rosenheim. Außer seiner kleinen Tochter habe jeder in seinem Haus einen Migrationshintergrund, sagt Hagen. Der Hund kommt aus Griechenland, seine Frau aus Sri Lanka. Kennengelernt haben sie sich im Internet, wie es sich für einen Mann gehört, der wie Hagen für die digitale Zukunft stehen will. Bei ihm zu Hause wurde immer viel über Politik gesprochen, sein Vater ist seit 40 Jahren in der SPD.

Hagen aber trat 1998, als die FDP im Bund aus der Regierung flog, bei den Jungen Liberalen ein, deren Landesvorsitzender er später wurde. Damals kämpfte er gegen einen strikten Ladenschluss und für die Abschaffung der Wehrpflicht. Er studierte in München Politik, arbeitete in Berlin in einer Unternehmensberatung, dann als Pressesprecher im Bundestag, bis ihn die damalige Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zum Geschäftsführer der Bayern-FDP machte. Da war er 28 Jahre alt. Von ihr habe er viel gelernt, sagt Hagen. Nicht immer nur auf den politischen Gegner draufhauen, nicht unüberlegt nach vorne preschen, Sachen vom Ende her denken, Haltung zeigen, so will Hagen Politik machen.

Von Duin hatte Hagen sich als kühler Kopf und Stratege abgegrenzt. In seinem Bewerbungsvideo für die Urwahl inszenierte sich Hagen als personifiziertes Update. Er spricht von "coolen Start-ups", hat in jeder zweiten Szene sein Handy in der Hand und die weißen Kopfhörer im Ohr. Mit schnellen Schnitten und in Schwarz-Weiß gedreht, erinnert es an die FDP-Plakate im Bundestagswahlkampf, auf denen FDP-Chef Christian Lindner in cooler Pose abgebildet war.

Inhaltlich soll der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Schule, wie ihn auch SPD und Grüne fordern, ein Schwerpunkt sein. Ein Alleinstellungsmerkmal sieht Hagen im Kampf der Liberalen gegen strikte Ladenschlusszeiten. Die scharfe Tonart, wie sie Lindner manchmal in der Flüchtlingspolitik anschlug, sei nicht seine. In Bayern tritt er dafür ein, Asylbewerber möglichst schnell in den Arbeitsmarkt zu bringen. Beim wichtigen Wahlkampfthema Wohnen setzt er mehr auf den freien Markt als auf sozialen Wohnungsbau.

Als größten Konkurrenten für die FDP sieht er die CSU - mit der er dennoch koalieren will wie schon von 2008 bis 2013. Danach hatten die Liberalen den Wiedereinzug verpasst. "Wir wollen keinen Kulturkampf führen wie die CSU mit ihrer konservativen Revolution, sondern das Land modernisieren", sagt Hagen.

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Quelle:
SZ vom 13.03.2018
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