Süddeutsche Zeitung

Landesanstalt für Landwirtschaft:Mitarbeiter haben Angst um die Unabhängigkeit

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Von Christian Sebald, München

Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), eine der renommiertesten Agrar-Forschungseinrichtungen Deutschlands, steht vor einer tief greifenden Reform. Wenn alles läuft, wie vom Agrarministerium geplant, sollen alle Fachzentren und Versuchsstationen unter ihrem Dach ausgegliedert und in einem neuen Betrieb namens "Bayerische Staatsgüter" zusammengefasst werden. Betroffen sind 15 Einrichtungen mit etwa 500 Mitarbeitern und 3600 Hektar Grund. Das ist etwa ein Drittel der LfL. Ziel der Reform ist, so haben es hohe Ministeriale am Mittwoch im Landtag dargestellt, eine "moderne und betriebswirtschaftliche" Ausrichtung der Einrichtungen. Kritiker befürchten, dass der neue Betrieb vor allem hohe Gewinne abwerfen soll und die Forschungsarbeit leidet. An den 15 Einrichtungen, aber auch an der LfL insgesamt rumort es heftig.

Die LfL ist direkt an das Agrarministerium angedockt und das zentrale Wissens- und Dienstleistungszentrum für die bayerische Landwirtschaft. Gleich ob Ackerbau oder Viehhaltung, konventionelle Landwirtschaft oder Ökolandbau - die LfL forscht in jedem Bereich. Sogar in Nischen wie dem Hopfenanbau und der Fischerei. Die Arbeiten sind streng auf die landwirtschaftliche Praxis ausgerichtet und - zumindest bisher - unabhängig von wirtschaftlichen Einflüssen. Die LfL zählt 27 Standorte, die übers Land verteilt sind. Die größten sind die Zentrale auf dem Wissenschaftscampus Freising mit wichtigen Instituten für Pflanzenbau und Agrarökologie und die großen Institute für Tierzucht und -Haltung in Grub nahe München.

Die Fachzentren und Versuchsstationen sind eine zentrale Abteilung der LfL. Sie arbeiten den Wissenschaftlern zu, indem sie für diese zum Teil langjährige und sehr aufwendige Versuche und Praxistests unternehmen. Wie die Forschungsinstitute der LfL sind sie nach allen möglichen landwirtschaftlichen Sparten gegliedert. Einige haben bereits eine sehr lange Tradition. Zum Beispiel das Haupt- und Landgestüt Schwaiganger nahe Murnau. An der LfL firmiert es als Fachzentrum Pferdehaltung und soll nun ebenfalls dem neuen Betrieb zugeschlagen werden. Nach Aussagen von Experten haben die Fachzentren und Versuchsstationen bisher völlig reibungslos und sehr effizient mit den Forschungsabteilungen der LfL zusammengearbeitet. Insofern löst die Reform in der Fachwelt denn auch Erstaunen aus.

Unter den Mitarbeitern kursieren bereits allerlei Befürchtungen - und zwar entgegen aller Zusicherungen des Ministeriums, dass sich im laufenden Betrieb für die beiden dann selbständigen Einrichtungen wenig ändern wird. Die zentrale Befürchtung lautet, dass die Staatsgüter deutlich mehr Planstellen abgeben werden müssen als die seit Längerem angekündigten 40 Stück. Viele sorgen sich auch um die bisherige Unabhängigkeit der Einrichtungen. "Sie geht schwer mit dem Anspruch zusammen, dass man Gewinne oder zumindest eine schwarze Null erwirtschaften will", sagt ein Insider.

Einige spekulieren, dass der neue Betrieb Aufträge aus der freien Wirtschaft annehmen wird. "Dann ist es mit der Unabhängigkeit nicht mehr weit her", heißt es. Andere rechnen damit, dass sich die Staatsgüter von Flächen trennen werden, die sie für unwichtig halten, etwa von 500 Hektar Wald, die auch zu ihnen gehören. Eines steht bereits fest. Zunächst wird die Gründung der Staatsgüter kein Geld sparen, sondern welches kosten: und zwar 900 000 Euro für den Aufbau der neuen Betriebslogistik.

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Quelle:
SZ vom 23.05.2019
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