Süddeutsche Zeitung

"Puls" auf Bayern 3:"Schlag ins Gesicht der Freunde gepflegter Rockmusik"

Lesezeit: 2 min

Von Karoline Meta Beisel und Karl Forster, München

Wer von dem neuen Nachtprogramm profitiert

"Some will win, some will lose", die einen werden gewinnen, die anderen werden verlieren, heißt es in dem Lied "Don't Stop Believin'" der Band Journey. Jetzt gerade, so scheint es, sind es die Fans von Journey und klassischem Rock, die auf der Verliererseite stehen. Anfang August hat der Radiosender Bayern 3 die "Nightlife"-Reihe abgeschafft. Jene Sendungen also, die spätabends genau solche Musik spielten: "Classic Rock", "Rockperlen", die "Newcomershow" und den "Kultabend".

Gewinner des Manövers sind junge Hörer: Von Montag bis Freitag läuft auf dem Sendeplatz jetzt das neue Format "Bayern 3 Puls", das der Sender gemeinsam mit Kollegen des jungen Radios Puls produziert.

"Es ist nicht so, als lägen uns die Classic-Rock-Fans nicht am Herzen", erklärt Senderchef Thomas Linke-Weiser. "Aber manchmal muss man im Sinne einer neuen Ausrichtung für das Gesamtprogramm leider auch schmerzliche Entscheidungen treffen." Das musikalische Umfeld habe sich in Richtung Dance, Pop und Modern Rock verändert. Außerdem will man künftig etwas jüngere Hörer erreichen, bislang liegt der Altersschnitt bei knapp 43 Jahren. "Solange Puls keine eigene UKW-Frequenz hat, möchten wir diesen Hörern mit der neuen Sendung ein zusätzliches Angebot machen."

Wie eine Band aus Regensburg gegen das BR-Manöver protestiert

Im wahrsten Sinn des Wortes lautstark wehrt sich jetzt eine Band aus Regensburg gegen die Absetzung der Rockschiene auf Bayern 3. 3 Dayz Whizkey heißt die Formation. Und wenn man schaut, mit wem die Fünf schon alles auf der Bühne gestanden haben, weiß man, dass das genau die richtigen sind für einen Soundtrack als Kampfansage: Von Michael Schenker bis zu den Hamburger Hardrockern von Ohrenfeindt geht diese Liste.

Nun haben die mehrmals ausgezeichneten Rocker aus Regensburg einen Song geschrieben und mit befreundeten Kollegen eingespielt, der den Planern des BR in den Ohren dröhnen und - möglicherweise - Nachdenken auslösen wird. Nightlife Defenders nennt sich diese Nothelfer-Combo, "I Want My Rock On The Radio" heißt der Song, der schon auf Youtube steht. Darin singen sie zu harten Gitarrenriffs, trockenem Schlagzeug, wummerndem Bass und mit Stimmen voller Blues ". . . I don't need no morningshow. Just give me a piece of Rock and Roll."

Man spürt aus jedem Ton und jedem Bild, das bei den Arbeiten im Studio gemacht wurde, was sie wollen: AC/DC, Mötley Crüe, Guns n' Roses und natürlich Lemmy, den großen alten Mann des harten Rock. "Now drivin' my car is a pain in the ass", klagen sie da. Fans oben genannter Musiker und Bands, die sich im Sendegebiet von Bayern 3 herumtreiben, werden da kaum widersprechen.

Einen "Schlag ins Gesicht der Freunde gepflegter Rockmusik" nennt George Copperfield, Gitarrist der Band, solches Vorgehen. "Wir sind gegen den Einheitsbrei aus Wiederholungsschleifen und Comedy. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunksender muss ein Angebot für alle Hörer schaffen und dementsprechend auch sein Programm anpassen." Doch ob's hilft? Bis jetzt sind alle Proteste gegen Programmänderungen an den Verantwortlichen eher abgeprallt.

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Quelle:
SZ vom 18.08.2015
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