Süddeutsche Zeitung

Kulturhauptstadt 2025:Formidabel

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Nürnberg kommt in die Endrunde und jubelt

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Wie Europa sein kann, das wissen sie nun im Hotel "Drei Raben" in Nürnberg. Das Haus wird von der SPD-Stadträtin Daniela Hüttinger geführt, geladen ist zum öffentlichen "Kulturhauptstadtgucken", ein Livestream aus Berlin. Quälsatz des Tages - er fällt gefühlte 48 Mal an diesem Nachmittag - ist: "Aber ehe jetzt bekanntgegeben wird, welche Bewerber in die zweite Runde kommen"; begleitet wird er von anschwellendem Aufstöhnen im Hotel. Dem Satz folgen feinziselierte Ansprachen in französischem Englisch oder Talkrunden über Europas Grundsatzprobleme im kulturellen Kontext. Als nach einer halben Stunde Moderatoren-Sätze fallen wie "Das ist heute nicht das Ende der Welt" oder "Es wird hier keine Verlierer geben" und wie nebenbei mitgeteilt wird, dass fünf von acht Bewerbern zur Kulturhauptstadt 2025 auf die Shortlist kommen, verlässt der erste Besucher das Hotel. Die Nerven. Fünf von acht? Wenn Nürnberg da nicht dabei ist, sei das mehr als ein Schlag in die Magengrube. Aber kann das überhaupt sein? Ja, sagt er. Er sei Clubberer, er kenne sich da aus.

Es kommt aber anders. Erst wird Magdeburg auf die Bühne gebeten, Magdeburg ist weiter. Öha, galt in Nürnberg als nicht favorisiert. Danach Hannover. Bleiben noch drei Plätze für sechs verbliebene Städte. Ulrich Maly, der sanguinisch veranlagte OB der Stadt, hat in der Nürnberger Zeitung tags zuvor wissen lassen, dass er - würde die Stadt hängen bleiben - erstens "traurig, zweitens enttäuscht und drittens wütend" sein würde. Das will was heißen bei ihm. Als nächstes darf auf die Bühne: Kulturreferentin Julia Lehner und Bewerbungsbürochef Hans-Joachim Wagner. Nürnberg ist weiter, Jubel und Konfetti. Wie fühlt man sich da? "Jetzt freut's mich doch", sagt der Gast Günter Gloser. Das ist fränkisch für: formidabel.

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Quelle:
SZ vom 13.12.2019
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