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Gaskraftwerk in Unterfranken:Gabriel lässt Bayern abblitzen

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Ein neues Gaskraftwerk sollte die Atommeiler in Unterfranken ersetzen. Das Projekt ist der CSU so wichtig, dass sie es zur Bedingung für weitere Gespräche über deutschlandweite Stromtrassen gemacht hat. Doch nun hat Bundeswirtschaftsminister Gabriel dem Projekt eine doppelte Absage erteilt.

Von Mike Szymanski

Der für die Energiewende zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lässt die Bayern mit ihrer Forderung nach einem neuen Gaskraftwerk in Grafenrheinfeld abblitzen. Ministerpräsident Horst Seehofer und seine bayerische Energieministerin Ilse Aigner hatten ein solches Kraftwerk, das in Grafenrheinfeld einen Atommeiler ersetzen soll, zur Bedingung für weitere Gespräche über deutschlandweite Stromtrassen gemacht.

Nun jedoch erklärte Gabriels Staatssekretär im Energieministerium, Rainer Baake, auf eine Frage des Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer (Grüne): "Die infrastrukturellen Voraussetzungen für den Betrieb eines Gaskraftwerkes am Standort Grafenrheinfeld sind derzeit nicht erfüllt." Es fehle ein Gasnetzanschluss. Dem Ministerium lägen auch keine Informationen vor, was es kosten würde, einen solchen Anschluss nach Grafenrheinfeld zu verlegen.

Das Energieministerium bezweifelt auch, dass die Bayern dort ein Gaskraftwerk brauchen, um einen Blackout zu verhindern, wenn das AKW Grafenrheinfeld wie geplant Ende 2015 vom Netz geht. Die Behörde verweist dazu auf die Bundesnetzagentur, die einen "Bedarf für den Neubau eines Kraftwerks zur Gewährleistung der Systemsicherheit verneint" habe. Selbst wenn sich durch die derzeitige Reform des Ökostromfördergesetzes daran noch etwas ändern würde, sei Grafenrheinfeld als Standort für eine neues Kraftwerk "nicht zwingend".

"Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen"

Ilse Aigner will sich damit offenbar nicht zufrieden geben. Eine Sprecherin ihres Wirtschaftsministeriums erklärte: "Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen." Ihre Behörde werde weiter "intensiv" mit der Bundesnetzagentur über die aus ihrer Sicht notwendige Ausschreibung von Reservekraftwerken verhandeln. Das Ministerium habe "mehrere potenzielle Standorte im Blick, für die sich Investoren interessierten und an denen die infrastrukturellen Voraussetzungen entweder bereits gegeben oder schnell herzustellen sind".

Der Grünen-Politiker Krischer sagte dagegen der Süddeutschen Zeitung: "Sigmar Gabriel verabreicht dem bayerischen Koalitionspartner Horst Seehofer gleich zwei Ohrfeigen: Am Noch-AKW-Standort im bayerischen Grafenrheinfeld ist der Neubau eines Gaskraftwerks erstens gar nicht möglich und zweitens auch gar nicht nötig." Ihm sei es ein großes Rätsel, "wie die große Koalition bei diesen offen zur Schau getragenen Gegensätzlichkeiten in der Lage sein will, die Energiewende zu managen".

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SZ vom 05.03.2014
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