Süddeutsche Zeitung

Gmund am Tegernsee:Käfer soll Parkplatz in Landschaftsschutzgebiet bekommen

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Von Matthias Köpf, Gmund am Tegernsee

Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs stammt von 2008 und schien sich längst erledigt zu haben. Die Kommunen hätten "die Aufgabe, die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen", hatten die Richter der Gemeinde Gmund ins Stammbuch geschrieben. Ein Eigentümer müsse "grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt bleibt".

All diese Kritik an den damaligen Hotelplänen der Familie Schörghuber hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst, spätestens als der Münchner Gastronom Michael Käfer vor einem Jahr das Gut Kaltenbrunn am Tegernsee stattdessen wieder als Wirtshaus eröffnet hat. Doch jetzt hat die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal das Urteil wieder herausgesucht. Denn Käfer wünscht sich zusätzliche Parkplätze, und die Gemeinde will sie ihm verschaffen, mitten im Landschaftsschutzgebiet am noch vergleichsweise unberührten Nordufer des Sees.

Dass der neue Parkplatz jenseits der Bundesstraße direkt oberhalb von Kaltenbrunn im Landschaftsschutzgebiet liegt, hat die Gemeinderäte zwar nicht vollkommen kalt gelassen, doch an ihrem Beschluss hat es nichts geändert. Mit zwölf zu sieben Stimmen billigte nun das Gremium die Pläne, was für Gmunder Verhältnisse als hauchdünne Mehrheit gelten darf. Und selbst einige, die für den Parkplatz gestimmt haben, sprachen zuvor von Bauchweh und schlaflosen Nächten oder fühlen sich sogar "über den Tisch gezogen", wie die Tegernseer Zeitung aus der Sitzung berichtet. Doch Gut Kaltenbrunn ist schnell wieder wichtig geworden für die Tourismusgemeinde Gmund, und das regelmäßige wie chaotische Wildparken entlang der Bundesstraße wollen Polizei und Gemeinde auch nicht länger dulden.

Die Schutzgemeinschaft prüft, ob das Verfassungsgerichtshof-Urteil noch gilt

Weil aber über eine Herausnahme der Parkplatzfläche für gut 120 Autos aus dem Landschaftsschutzgebiet nicht der Gemeinderat in Gmund, sondern der Kreistag in Miesbach zu befinden hätte und dieser Kreistag in solchen Fragen zuletzt weit weniger großzügig war als in den Jahrzehnten zuvor, behalf man sich im Rathaus mit einem raffinierten Dreh: Die Gemeinde widmet die Fläche nicht als privaten Parkplatz für Kaltenbrunn, sondern als öffentlichen Parkplatz auch für Wanderer und Badegäste, was einen Bauantrag sowie die Debatte im Kreistag erspart und eine Entscheidung auf dem Verwaltungsweg möglich macht.

Die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal, die sich das Verhüten weiterer Bausünden zur Aufgabe gemacht hat, zeigt sich vom Vorgehen der Gemeinde entsetzt. Bisher stand der Verein mit Käfer auf gutem Fuß, weil erst seit seinem Einstieg in Kaltenbrunn die Gefahr noch viel weiter reichender Eingriffe in das historische Gut gebannt zu sein schien. Käfer hat einen terrassierten Biergarten anlegen lassen und dort sowie in den Gaststuben mehr als 1000 Sitzplätze geschaffen. Derzeit lässt er den alten Rinderstall ausbauen, der einigen Hundert weiteren Gästen Platz bieten wird, für den Pferdestall und das Gesindehaus liegen noch keine Ausbaupläne auf dem Tisch.

Der zusätzliche Parkplatz für die zusätzlichen Gäste soll von Baumreihen gesäumt und nur bei Bedarf geöffnet werden. Ansonsten solle er trotz der öffentlichen Widmung mit einer Schranke abgesperrt bleiben, hieß es vor dem Beschluss im Gmunder Gemeinderat. Die Schutzgemeinschaft will dessen Entscheidung aber nicht hinnehmen, sagt die Vorsitzende Angela Brogsitter-Finck. Man prüfe gerade, ob das Urteil von 2008 noch bindend sei.

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Quelle:
SZ vom 25.06.2016
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