Süddeutsche Zeitung

CSU-Politiker plant Bundesratsinitiative:Söder will Organspende zum Normalfall machen

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Täglich sterben in Deutschland drei Menschen, weil kein geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht. Wenn es nach Bayerns Gesundheitsminister Söder geht, soll künftig jeder als potentieller Organspender gelten, sagte er der SZ.

Mike Szymanski

Die CSU will die Organspendebereitschaft in Deutschland erhöhen und dazu die Gesetze verschärfen. Gesundheitsminister Markus Söder plant eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel, dass künftig jeder Bürger als Organspender gilt, solange er nicht zu Lebzeiten selbst oder Angehörige einer Organentnahme widersprochen haben. Dies geht aus einem Positionspapier aus seinem Ministerium hervor. Der CSU-Politiker sagte der Süddeutschen Zeitung, mit dem von ihm favorisierten Modell werde in Deutschland "die Organspende zum Normalfall".

Bislang kommt als Spender nur in Frage, wer einer Organentnahme ausdrücklich zugestimmt hat. Nach Ansicht von Söder sind trotz großer Aufklärungskampagnen immer noch zu wenige Menschen bereit, einer Organentnahme zuzustimmen. "Der große Mangel an Spenderorganen zeigt, dass die in Deutschland geltende Zustimmungsregelung ohne durchschlagenden Erfolg ist", heißt es in dem Positionspapier, das der SZ vorliegt. In Deutschland warten knapp 12.000 Kranke auf ein Spenderorgan.

Söder erklärte: "Wir treten seit Jahren auf der Stelle. Es ist höchste Zeit, endlich eine Änderung herbeizuführen." Söder weiß seine Partei in dieser umstrittenen Frage hinter sich. Auf dem kleinen Parteitag Mitte Februar hatten sich die Delegierten zur Überraschung vieler Beobachter mehrheitlich für die von Söder nun angestrebte "erweiterte Widerspruchsregelung" ausgesprochen. Bislang hatte die CSU in dieser Frage eher eine zurückhaltende Position eingenommen.

Söder macht sich nun an die Umsetzung des Parteitagsvotums. Bayerns Justizministerin Beate Merk, die auch Partei-Vize ist, unterstützt seinen Vorstoß. "Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass der bayerische Vorschlag erfolgreich sein wird", erklärte Merk. In Bayern muss Söder zunächst noch den Koalitionspartner FDP von seinem Vorhaben überzeugen.

Seitdem SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier im vergangenen Jahr seiner Frau eine Niere gespendet hatte, ist Bewegung in die Debatte bekommen. "Der Fall Steinmeier hat für ein völlig neues Klima gesorgt. Die Haltung zur Organspende in der Bevölkerung ist positiv, das sollten wir nutzen", sagte Söder. Einigkeit besteht in der schwarz-gelben Regierungskoalition in Berlin darin, die Spendenbereitschaft zu erhöhen. Heute besitzen nach Angaben von Söder nur 25 Prozent der Bürger einen Organspendeausweis. Die durchschnittliche Wartezeit für eine Spenderniere liege in Deutschland bei etwa sieben Jahren. Täglich sterben drei Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan bekämen. Die Fraktionen im Bundestag streben eine Reform der Transplantationsgesetzes noch in diesem Jahr an.

Die CSU will sich jetzt an die Spitze der Bewegung setzen. Die Christsozialen nehmen eine Extremposition ein. Der Schwesterpartei CDU geht eine Regelung, die Spendebereitschaft unterstellt, zu weit. Die FDP ist noch zurückhaltender. Sie lehnt jeden Zwang ab. "Die Entscheidung zur Spende muss freiwillig bleiben", stellte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler klar.

Ein persönliches Anliegen

Alternativ wird in Berlin diskutiert, alle Bürger mindestens einmal in ihrem Leben mit der Frage zu konfrontieren, ob sie bereit wären, Organe zu spenden, wenn Mediziner den Hirntod festgestellt haben. Dies könnte beispielsweise beim Beantragen des Personalausweises geschehen, hatte CDU/CSU-Fraktionsschef Volker Kauder vorgeschlagen.

Für Bayerns Gesundheitsminister stellt dies allenfalls einen Kompromiss dar. Für diesen Fall setzt er aber auf einen gewissen Zwang: "Jeder Bürger wird verpflichtet, sich in einem gesetzlich geregelten Verfahren über seine Spendenbereitschaft zu erklären", heißt es in seinem Positionspapier. Der CSU-Politiker schlägt weiter vor, dass entweder der Hausarzt oder aber die Krankenkassen mit den Patienten klären, wie sie zur Organspende stehen. Das Ergebnis sollte seiner Meinung nach dann auf der Versichertenkarte vermerkt werden.

Söder erklärte, es sei ihm ein persönliches Anliegen, die Spendebereitschaft zu erhöhen. Seine Mutter habe vergeblich auf eine Spenderniere gewartet. Er selbst habe einen Organspendeausweis. Auch Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), hat seit rund zehn Jahren einen Organspendeausweis. "Es war eine spontane Entscheidung", sagt der Jurist.

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Quelle:
SZ vom 26.03.2011
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