Süddeutsche Zeitung

G-7 auf Schloss Elmau:130 Millionen für einen harmonischen Gipfel

Lesezeit: 3 min

Um Ausschreitungen zu verhindern, setzen die Organisatoren vor dem G-7-Gipfel in Elmau auf Harmonie. Es soll weder Demonstranten-Camps noch Kampfjets geben. An das Knattern von Rotoren müssen sich die Bewohner trotzdem gewöhnen.

Von Heiner Effern, Garmisch-Partenkirchen

Die bayerische Polizei will im kommenden Jahr beim G-7-Gipfel im Schlosshotel Elmau keine Camps von Demonstranten zulassen. Diese genehmigten Lager seien 2007 in Heiligendamm beim letzten Treffen der mächtigsten Regierungschefs der Welt missbraucht worden, um Straftaten vorzubereiten, sagte ein Sprecher des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU).

Die Camps hätten zur Deeskalation von Protesten beitragen sollen, aber das Gegenteil bewirkt. "Das waren Anziehungspunkte für Gewaltbereite", sagt der Sprecher. Der Bürgermeister von Krün, in dessen Gemeinde Elmau liegt, steht hinter dem Verbot. "Wir appellieren an die Grundstücksbesitzer, keine Wiesen zu verpachten", sagt Thomas Schwarzenberger. Auch er sieht die Camps als potenzielle "Keimzellen" für Ausschreitungen. Das Gipfel-kritische Bündnis Stop G 7 hatte Ende September angekündigt, Camps errichten zu wollen und die Proteste bis auf 200 Meter an das Tagungshotel im Elmauer Hochtal herantragen zu wollen.

Kosten von mehr als 130 Millionen Euro

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Kollegen aus den sechs verbliebenen Partnerstaaten - Russland ist wegen der Ukraine-Krise derzeit im Bündnis nicht gelitten - am 4. und 5. Juni 2015 nach Elmau eingeladen. Damit sind sieben der am meisten gefährdeten Personen der Welt für zwei Tage in Bayern versammelt. Der Gipfel wird wohl deutlich mehr als 130 Millionen Euro kosten, diese Summe hat der bayerische Landtag bereits in seinem Haushalt ausgewiesen. Einen großen Teil davon wird für die Sicherheit ausgegeben.

Das extrem umfangreiche Konzept soll bis Ende Oktober fertig ausgearbeitet sein. Es zeichnet sich ab, dass auf einen festen Zaun um das Schlosshotel mit betonierten Fundamenten verzichtet werden soll. Lediglich mobile Elemente wie Bauzäune würden für Absperrungen eingesetzt, hieß es aus dem Innenministerium. Betten für 10 000 Polizisten sind gebucht, wie viele letztlich zum Einsatz kommen, steht noch nicht fest. Für die Sicherheit der Staatsgäste sollen Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet sorgen. Aber auch Soldaten der Bundeswehr werden beim Gipfel wohl zum Einsatz kommen. Dabei soll es sich um logistische und technische Hilfe für Landes- und Bundesbehörden handeln.

Beim Gipfel 2007 stiegen auch Kampfflugzeuge vom Typ Tornado auf. Zudem wurden Awacs-Aufklärungsflugzeuge eingesetzt. Nach Informationen der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke von den Linken waren insgesamt 2450 Soldaten beteiligt. Mehr als 1000 unterstützten Landes- und Bundesbehörden, der Rest war für die Sicherung militärischer Einrichtungen im Umfeld im Dienst. Die Gesamtkosten der Bundeswehr beliefen sich auf 14 Millionen Euro. In Bayern sollen Tornados und Awacs-Flugzeuge nicht angefordert werden. "Der Einsatz von Bundeswehr-Kampfflugzeugen ist seitens der bayerischen Polizei nicht geplant", heißt es in einer Antwort der Staatskanzlei auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katharina Schulze. Auch Awacs-Aufklärungsflugzeuge würden "bislang" nicht benötigt, erklärte die Bundesregierung auf Anfrage Jelpkes.

Ein sensibler Ort

Unmittelbar vor und während des Gipfels werden also wahrscheinlich keine Kampfjets über das Wettersteingebirge hinwegdüsen, doch das Knattern von Rotoren wird für die Bewohner des Werdenfelser Landes allgegenwärtig sein. Für Staatschefs und ihre engere Entourage werden Helikopter das Hauptverkehrsmittel sein. Im Elmauer Tal wird auf dem jetzigen Wanderparkplatz ein Helikopter-Flugplatz für sechs Maschinen entstehen. Der Untergrund dort muss dann asphaltiert sein. Später wird er wieder zum Kiesparkplatz zurückgebaut. Auch in Garmisch-Partenkirchen soll neben der Eissporthalle, in der ein Zentrum für 5000 Journalisten installiert werden soll, ein Hubschrauberlandeplatz entstehen. Etwa zehn Hektar Wiesen sollen von Landwirten gemietet werden.

Das kam unter anderem am Dienstag bei einem Treffen von Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert mit Landwirten und Umweltschützern in Krün zur Sprache. Die Atmosphäre sei sehr offen gewesen, sagt Axel Doering vom Bund Naturschutz. Seibert habe nicht nur Ergebnisse mitgeteilt, sondern viel über die Stimmung in der Region erfahren wollen. Umweltschützer halten das sensible Hochtal Elmau prinzipiell für den falschen Ort für den Gipfel. Doch wenigstens habe man den Eindruck, dass sich die Organisatoren ernsthaft darum bemühen, so wenig wie möglich zu zerstören, sagt Doering.

Bis in den Dienstagabend hinein verhandelten Regierungsvertreter mit Garmischer Bauern. Mit am Tisch saß Josef Glatz, Chef der Weidegenossenschaft Garmisch, der seit dem Ärger mit der Olympiabewerbung für 2018 weiß, dass Großereignisse für die Bevölkerung schwierig sein können. Diesmal hätten die Gespräche gut begonnen, sagt Glatz. Die Wiesen könnten unberührt bleiben und würden nur von 1. bis 7. Juni benötigt. Als Vertragspartner sei die Bundesregierung dem IOC vorzuziehen. "Die hat keine Knebelverträge."

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SZ vom 02.10.2014
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