Süddeutsche Zeitung

Freie Wähler:Hubert Aiwanger - und sonst?

Lesezeit: 3 min

Der Niederbayer ist der Garant des Erfolgs. Doch wer könnte darüber hinaus einen Posten bekommen? Zwei weitere Freie Wähler gelten als ministrabel, haben aber einen Nachteil.

Von Christian Sebald

Die CSU hat die Freien Wähler noch nicht einmal offiziell zu Sondierungsgesprächen über eine Regierungskoalition eingeladen, da hat FW-Chef Hubert Aiwanger am Montagmorgen schon einmal mindestens drei Ministerien für seine Partei reklamiert ( lesen Sie im Liveblog die neuen Entwicklungen von Montag). Stellen sich nur die Fragen: Wer sind die ministrablen Abgeordneten der Freien Wähler und für welche Ressorts kämen sie infrage?

Da ist natürlich zuallererst Hubert Aiwanger selbst. Ohne den 47 Jahre alten Agraringenieur, der auf einem Bauernhof in niederbayerischen Rottenburg an der Laaber daheim ist, geht bei den Freien Wählern nichts. Er war nicht nur der Spitzenkandidat bei der Landtagswahl. Sondern er ist auch seit vielen Jahren Parteichef und Fraktionschef im Maximilianeum. Und zwar unangefochten. Zwar maulen einige in der Landtagsfraktion immer mal wieder, dass Aiwanger ein jedes Thema an sie ziehe und gleichsam omnipräsent ist. Aber letztlich reihen sie sich doch immer wieder hinter ihm ein. Denn er ist der Garant ihres Erfolgs.

Aiwanger steht für eine Politik für die ländlichen Regionen. Kaum ein Tag, an dem er nicht seine Forderungen nach gleichwertigen Lebensbedingungen in den Städten und auf dem Land, nach mehr Geld für die kleinen Gemeinden, nach mehr Landärzten und dergleichen mehr äußert. Als Landwirt hat er natürlich einen ausgesprochenen Hang zur Agrarpolitik. Aiwanger käme also durchaus als Agrarminister infrage. Freilich müssten dazu aus seiner Sicht die Aufgaben des Ressorts deutlich ausgeweitet werden. Etwa um die Landesplanung, die bisher im Finanzministerium angesiedelt ist, oder um Kompetenzen für den Mittelstand aus dem Wirtschaftsministerium.

Der zweite ministrable Politiker der Freien Wähler ist ihr Generalsekretär und Münchner Landtagsabgeordnete Michael Piazolo. Der 58-jährige Hochschullehrer, ist in gewisser Weise das exakte Gegenteil zu Hubert Aiwanger. Und zwar nicht nur, weil er der einzige FW-Landespolitiker mit einem dezidiert städtischen Hintergrund ist. Sondern auch, weil er eher verbindlich auftritt und ein Mann der leisen Töne ist.

Der gebürtige Stuttgarter gehört wie Aiwanger dem Landtag bereits seit zehn Jahren an und hat sich dort einen sehr guten Ruf als Bildungspolitiker erworben. Er war federführend an den beiden erfolgreichen Kampagnen der Freien Wähler gegen die Studiengebühren und für die Wiedereinführung des G 9 beteiligt. Als Generalsekretär zählt Piazolo außerdem zu den engsten Vertrauten von Parteichef Aiwanger. Und in der Fraktion wird er für sein ausgleichendes Naturell geschätzt. Piazolo käme sowohl für das Wissenschafts- als auch für das Schulministerium in Frage. Er selbst hat bisher nicht erkennen lassen, welchem Ressort er selbst den Vorzug geben würde.

Mit Aiwanger, Piazolo und Streibl gäbe es nur Altbayern im Kabinett

Florian Streibl aus dem oberbayerischen Oberammergau ist der dritte Freie-Wähler-Abgeordnete, der für ein Ministeramt gehandelt wird. Der 55-jährige Abgeordnete ist Sohn des früheren CSU-Ministerpräsident Max Streibl und war in den Jahren 1988 bis 1993 Mitglied der CSU. Er verließ die Partei aber aus Groll über den Sturz seines Vaters als Ministerpräsident. 2001 wurde er Mitglied in der parteifreien Wählergruppe seines Heimatortes, 2008 trat er den Freien Wählern bei. Im selben Jahr zog er zum ersten Mal für sie in den Landtag ein.

Der Rechtsanwalt, der sein Büro in Oberammergau direkt neben dem Passionsspielhaus hat, ist Geschäftsführer der Landtagsfraktion und Mitglied des Rechts- und des Petitionsausschusses im Maximilianeum. In dieser Funktion hatte er einen wichtigen Anteil am Zustandekommen des Untersuchungsausschuss zum Fall Gustl Mollath im Jahr 2013, dessen stellvertretender Vorsitzender er dann auch war. Streibl ist auch Mitglied der Datenschutzkommission des Landtags und des Diözesanrates des Erzbistums München und Freising. Er käme für das Justizministerium infrage, das bisher der Unterfranke Winfried Bausback führt. Denn das Innenministerium, das ebenfalls traditionell ein Jurist führt, ist ein Schlüsselressort für die CSU, das die Partei gewiss nicht abgeben wird.

Das Trio Aiwanger, Piazolo und Streibl hätte freilich einen gravierenden Nachteil. Alle drei sind Altbayern, der Parteichef ist Niederbayer, die beiden anderen sind Oberbayern. Die Freien Wähler hätten also keinen Schwaben, keinen Franken und keinen Oberpfälzer im Kabinett. Die Frage ist, ob sie sich einen solchen Bruch mit dem Regionalproporz leisten können, der in Bayern so wichtig ist für die Besetzung von Regierungsposten. Zumal die Freien Wähler in anderen Regierungsbezirken ebenfalls Schwergewichte haben, den oberfränkischen Abgeordneten Thorsten Glauber zum Beispiel, der im Stimmkreis Forchheim 25 Prozent der Stimmen geholt hat.

Außerdem täte auch eine Frau den FW in ihrem Regierungsteam gut. Allerdings ist Aiwangers Wunschliste noch nicht abschließend. Am Dienstagmittag meldete Aiwanger auch noch Anspruch auf Staatssekretärsposten an. Schließlich stelle seine Partei fast ein Drittel der Abgeordneten der angestrebten Koalition, sagte er. Das müsse sich auch in der Zahl der Regierungsämter widerspiegeln.

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