Süddeutsche Zeitung

Flughafen Hof-Plauen vor dem Ende:Abgestürzt

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Der Flughafen Hof-Plauen ist am Tiefpunkt: Cirrus, die einzige Gesellschaft, die den Airport regulär anflog, stellt den Betrieb ein. Zuletzt wurde der Flugbetrieb sowieso nur noch mit hohen Steuersubventionen aufrechterhalten.

Katja Auer und Olaf Przybilla

Rolf Stahlhofen, Mitbegründer der Musikgruppe "Söhne Mannheims", hat erlebt, wie es auf einem Linienflug von Frankfurt nach Hof zugehen kann. Am 16. Juli 2011 ist Stahlhofen auf dem Rollfeld in Hof ausgestiegen, und wer ihn beobachtet hat, der ahnte, dass er sich wie ein Staatsmann vorgekommen sein muss.

Eine zweistellige Zahl von Flughafen- und Linienangestellten kümmerte sich um ihn, den einzigen Passagier im Flieger der Cirrus Airlines von Frankfurt nach Hof. Dass so ein Linienverkehr wirtschaftlich nicht lange gutgehen kann, war offenkundig. Seit Samstag nun ist Hofs Flughafen auf einem vorläufigen Tiefpunkt angelangt: Die Saarbrücker Cirrus Airlines hat bis auf weiteres sämtliche Flüge von und nach Hof gestrichen. Von der Aussetzung der Betriebs - aus wirtschaftlichen Gründen - sind etliche Linien in Deutschland betroffen.

Am schlimmsten aber erwischt es den Flughafen Hof-Plauen. Denn Cirrus ist die einzige Linie, die Hof bedient hat. Das zuletzt allerdings auch nur noch mit reduziertem Aufwand - dafür mit um so größerer Unterstützung des Steuerzahlers. Bis vor einem Jahr hatte Cirrus den Hofer Flughafen noch dreimal am Tag angeflogen: Zweimal am Morgen, einmal am Abend. Es gab sogar ein kleines Restaurant im Flughafen, weil es sich nicht rentierte, wurde es dicht gemacht.

Gleich den ganzen Linienverkehr einzustellen, drohte im Frühjahr dann die Saarbrücker Cirrus Airlines: Zwar wurde die Gesellschaft schon zu dem Zeitpunkt mit 2,9 Millionen Euro pro Jahr bezuschusst, aufgebracht vom Freistaat und von vier Gebietskörperschaften aus der Region. Dieses Geld aber reiche als Subvention nicht mehr aus, erklärte Cirrus. Und wollte vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen. Es folgte einer der kuriosesten Vorgänge in Bayerns Wirtschaftsgeschichte: Cirrus wurde zunächst von zahlreichen Kommunalpolitikern als der eigentlich Verantwortliche für den Niedergang des Hofer Flughafens hingestellt.

Die Linie habe das Ziel Hof sehr unzuverlässig angeflogen, habe immer wieder kurzfristig Flüge storniert und damit bei den Kunden Misstrauen geschaffen. Nur deswegen, so argumentierten die Hofer Politiker, seien die Flugzahlen von einst 25 000 in den Keller gegangen, bis sie im Jahr 2010 auf unter 15 000 gefallen waren. Die Linie wurde also neu ausgeschrieben, in Hof dachten alle an eine neue Gesellschaft. Zur Verblüffung vieler bewarb sich erneut die Cirrus. Noch größer allerdings war die Verblüffung, als am Ende tatsächlich wieder die angeblich für den Niedergang des Flughafens verantwortliche Linie den Zuschlag bekam - offenkundig mangels interessierter Mitbewerber.

Die zuvor heftig kritisierte Linie - immerhin hatte der Flugverkehr in Hof für Wochen eingestellt werden müssen - bekam für ihren kurzzeitigen Ausstieg eine satte Belohnung: Die Geldgeber, vor allem der Freistaat, legten bis 2013 noch einmal zusätzlich 1,3 Millionen Euro drauf. Cirrus wurde damit zuletzt pro Jahr mit mehr als 3,5 Millionen Euro subventioniert. Um der Linie das Weiterfliegen zusätzlich schmackhaft zu machen, musste sie Hof nicht mehr dreimal pro Tag anfliegen, sondern nur noch zweimal. Einen dieser - offenbar immer noch nicht besonders begehrten Linienflüge - nutzte im Juli Rolf Stahlhofen.

Zwar betonten seit dem Sommer 2011 Kommunalpolitiker immer wieder, die Cirrus fliege nun wie gefordert zuverlässig, anders als zuvor. Die Flugzahlen aber gingen weiter in den Keller. 2011, bestätigt der Hofer Airport-Chef Klaus-Jochen Weidner, nutzten weniger als 8000 Gäste den Flughafen. Jeder Hofer Fluggast wurde damit zuletzt mit mehr als 300 Euro vom Steuerzahler bezuschusst. Droht nun eine Steuerruine?

Immerhin war der Hofer Flughafen erst 2009 auf den neuesten technischen Stand gebracht worden, für acht Millionen Euro wurde saniert. Etwa 90 Prozent davon übernahm der Freistaat. Einer der Gründe für die Sanierung war ein geplatzter Traum oberfränkischer Kommunalpolitiker: Sie hatten den Flughafen zu einem Airport für Ferienflieger ausbauen wollen, bis ihnen die Regierung von Mittelfranken - als die Aufsichtsbehörde - einen Strich durch die Rechnung machte:

Es gebe keinen Bedarf für Flüge von Hof ans Mittelmeer, urteilte sie. Der Traum war geplatzt - und alternativ spendierte der Freistaat eine großzügige Sanierung. Klaus-Jochen Weidner, Hofs Flughafen-Geschäftsführer, hat die Stornierung aller Cirrus-Linien am Freitag erst von einem Passagier erfahren. Der Fluggast flog am Morgen von Frankfurt nach Hof und machte Weidner darauf aufmerksam, dass er abends nicht werde zurückfliegen können - weil sein Flug gestrichen sei.

Inzwischen hat sich Weidner mit Cirrus in Verbindung gesetzt, auch mit dem bayerischen Wirtschaftsministerium. "Ein schwerer Schlag für uns", sagt er, "wir waren gerade in einem Revitalisierungsprozess." Trotz der lediglich 8000 Passagiere pro Jahr? "Die Performance von Cirrus war seit Sommer gut", sagt Weidner, aber man brauche Zeit. Er hoffe, dass Hof auch weiterhin an den europäischen Flugverkehr angeschlossen bleibe.

Schließlich habe man einen gültigen Vertrag mit der Linie bis zum März 2013 - und die Unterstützung der Staatsregierung: "Wir bleiben optimistisch." Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) äußert sich am Sonntag besorgt über die Einstellung des Flugbetriebs. Es gelte nun, "so rasch wie möglich Klarheit" über die Zukunft des Flughafens zu bekommen. Am Dienstag will sich das Kabinett damit beschäftigen. Der Hofer Landtagsabgeordnete Alexander König (CSU) forderte im SZ-Gespräch, die Verantwortlichen müssten - sollte Cirrus am Ende sein - dafür sorgen, dass ein "neuer Betreiber gefunden wird". F

ür Unternehmen aus der Region sei der Airport ein unschätzbarer Vorteil. Jedoch müssten die Menschen das Angebot auch wahrnehmen. Die Zukunft des Flughafens hänge auch an seiner Partei, denn die CSU-geführte Staatsregierung habe sich klar dafür ausgesprochen - bei anderen Parteien ist die Skepsis größer. "Hofs Flughafen ist dann tot, wenn die CSU nicht mehr an der Regierung ist."

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Quelle:
SZ vom 23.01.2012
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