Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge an der bayerisch-österreichischen Grenze:"Wir tun alles, damit niemand in der Kälte, im Regen nächtigen muss"

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Von Andreas Glas, Achleiten, Ruth Eisenreich und Sebastian Krass

Wie die Lage auf der österreichischen Seite war

Auf der deutschen Seite der Grenze hat sich die Situation für ankommende Flüchtlinge zwar gebessert, sie bekamen in der Nacht zum Sonntag ein Dach über dem Kopf. Doch vorher auf der österreichischen Seite mussten sie erneut stundenlang und oft ohne Versorgung in der Kälte warten.

Im oberösterreichischen Grenzort Achleiten, direkt bei Passau, kamen nach Angaben der österreichischen Polizei im Laufe der Nacht 61 Busse an, die 3600 Flüchtlinge dort absetzten. Sie wurden dann in Gruppen über die Grenze geleitet. Doch bis es so weit war, mussten sie eine quälend lange Wartezeit erdulden. Viele kauerten an einer Tankstelle, teils an die Zapfsäulen gelehnt. Nur manche dieser Flüchtlinge hatten Decken.

Die Polizei spricht von einem "Engpass"

Auf der österreichischen Seite gab es keine Zelte - und auch so gut wie keine Decken und Verpflegung. Erst abends gegen acht Uhr kamen einige Helfer des Österreichischen Roten Kreuzes mit Tee. Zeitweise kamen auch Malteser aus Deutschland über die Grenze, um Wartende zu versorgen. Sie sollen teils zwölf Stunden ausgeharrt haben.

Eine Sprecherin der Landespolizei Oberösterreich sprach von einem "Engpass". Die Zahl von 61 Bussen sei nicht vorhersehbar gewesen, erklärte sie. "Aber wir tun alles, damit niemand in der Kälte, im Regen nächtigen muss. Es ist eine große logistische Herausforderung." Der Andrang sei gerade einfach sehr groß. "Wir schauen, dass wir in den nächsten Tagen Zelte aufstellen." Eines davon für 1000 Menschen solle im Bezirk Innviertel stehen, der genaue Standort sei noch offen.

Wie die Behörden in Niederbayern reagiert haben

Seit Samstag herrschen an den niederbayerischen Grenzübergängen teils chaotische Zustände. In der Nacht zum Sonntag mussten erstmals mehrere Hundert Menschen die Nacht im Freien verbringen, etwa auf der Innbrücke bei Simbach.

Allein am Samstag kamen nach Angaben der Bundespolizei in Freyung etwa 6000 Flüchtlinge über die Grenze nach Niederbayern. Nachdem die Zahlen in den Tagen davor auf 3000 bis 3500 Ankommende pro Tag gesunken waren, hat diese Entwicklung die deutschen Behörden überrascht. Es gab auch in Deutschland nicht mehr für alle eine wenigstens kurzfristige Unterkunft.

Am Sonntag aber wurden die Kapazitäten für die Betreuung und Unterbringung erhöht. So wurde in Passau die Dreiländerhalle wieder als Notunterkunft geöffnet, auch das THW habe Hallen zur Verfügung gestellt, berichtet Frank Koller, Sprecher der Bundespolizei in Freyung.

In der Nacht zum Montag habe man "allen ein Dach über dem Kopf" anbieten können, erklärte Koller am Morgen. Insgesamt sind ihm zufolge von Freitag bis Sonntag etwa 13 000 Zufluchtsuchende in Niederbayern angekommen.

"Es läuft nicht immer so, wie man es gerne hätte"

Besonders kompliziert sei die Lage am Wochenende dadurch gewesen, dass die Großzahl der Flüchtlinge erst relativ spät am Tag und auch mitten in der Nacht an die Grenze kam. Die Polizeibehörden beider Länder wiesen sich am Wochenende gegenseitig die Verantwortung für die unwürdigen Umstände zu. Die Österreicher sagten, die Deutschen nähmen nicht so viele Flüchtlinge auf wie vereinbart. Die Deutschen erwiderten, das Nachbarland mache es sich "sehr einfach", indem es Flüchtlinge einfach zur westlichen Grenze durchleite.

Am Montag erklärte die Passauer Stadtverwaltung: "Die Flüchtlinge wurden in Österreich ohne vorherige Ankündigung mit Bussen bis an die Grenze gefahren." Und woher kamen die 61 Busse? "Aus Wien, Niederösterreich und Spielfeld", sagt die Sprecherin der Landespolizei in Oberösterreich. Auf die Nachfrage, ob es womöglich innerösterreichisch ein Kommunikationsproblem gebe, antwortet sie: "Wir haben einen Einsatzstab, die Kommunikation funktioniert gut. Es läuft nicht immer so, wie man es gerne hätte."

Im Laufe des Montags sollen die bisher angekommenen Flüchtlinge aus Niederbayern mit drei Sonderzügen vom Passauer Hauptbahnhof und mit zahlreichen Bussen zu anderen Orten in Bayern und im Bundesgebiet gebracht werden.

Eine Prognose dazu, wie es in den kommenden Tagen weitergeht, wollte der Sprecher der deutschen Bundespolizei am Morgen nicht abgeben.

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