Süddeutsche Zeitung

Prozess:Wer muss nach einem Unfall den Feuerwehreinsatz zahlen?

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Von Matthias Köpf, München

Zu diesem Einsatz sind die Rettungskräfte mit einem Großaufgebot ausgerückt: Verkehrsunfall auf der B 305 von Berchtesgaden Richtung Salzburg, Höhe Kugelmühle bei Marktschellenberg, ein Wohnmobil und ein Reisebus, hieß es am 11. August 2017. Im Bus eine Reisegruppe aus Asien, 40 Passagiere insgesamt, vier Touristen und der polnische Fahrer wurden bei dem Unfall leicht verletzt. Im Wohnmobil, das offenbar bei einem unachtsamen Wendeversuch von dem nachfolgenden Bus seitlich gerammt und mehrere Meter über die Straße geschoben wurde, saßen zwei schwer verletzte Menschen. Mehrere Rettungswagen und Notärzte, weitere BRK-Kräfte, der Hubschrauber aus Salzburg und die Polizei waren im Einsatz.

Doch nur für die freiwillige Feuerwehr und die Gemeinde Marktschellenberg hat der Einsatz jetzt ein juristisches Nachspiel mit Beispielwirkung: Der Wohnmobilfahrer klagt vor dem Verwaltungsgericht München gegen den Gebührenbescheid für den Feuerwehreinsatz.

Fast 4600 Euro verlangt die Gemeinde dafür, dass die örtliche Feuerwehr an dem Tag mit fünf Fahrzeugen und insgesamt 28 Feuerwehrleuten ausgerückt sei. Die Feuerwehr aus Berchtesgaden war in ähnlicher Stärke im Einsatz, sagt der Marktschellenberger Kommandant Christian Wagner, den das Verwaltungsgericht München als einzigen Zeugen zu der Verhandlung am Donnerstagnachmittag geladen hatte. Die Marktschellenberger waren mit einer größeren Delegation aus Kommandant, Stellvertreter, Bürgermeister, Geschäftsleiter, Kämmerer und Anwalt gekommen, der Kläger schickte einen Anwalt vor.

Die Klage geht auf Berechnungen zurück, die ein Unternehmen im Auftrag der Versicherung des Wohnmobilfahrers angestellt hat. Die Versicherung bezweifelt, dass so viele Feuerwehrleute im Einsatz waren und dass ein Einsatz in dieser Stärke notwendig gewesen wäre. Eine pauschale Kostenrechnung für Fahrzeuge und Feuerwehrleute hält sie nicht für angebracht, stattdessen müsse der Verdienstausfall jedes einzelnen Retters berechnet werden. Das Absichern der Unfallstelle und das Umleiten des Verkehrs sei Aufgabe der Polizei, und für die Hilfe beim Bergen der Unfallfahrzeuge und beim Wegbringen der Reisenden will die Versicherung die Feuerwehr nicht bezahlen.

Den Aufwand für das unmittelbare Retten der Verletzten hatte die Gemeinde schon früher aus ihrer Rechnung gestrichen, sodass die Versicherung alles in allem nur noch gut 3000 Euro als angemessen errechnet und bezahlt hat. Die Differenz zur Höhe des gesamten Rechnung, also rund 1500 Euro, bliebe an dem Wohnmobilfahrer hängen, der nun - gestützt auf die Argumente der Versicherung - gegen den Bescheid geklagt hat.

Kommandant Wagner musste einräumen, dass den Einsatzlisten zufolge vielleicht doch nur 25 Marktschellenberger Feuerwehrleute an dem Einsatz beteiligt waren. Die Unfallstelle abgesperrt und den Verkehr daran vorbeigeleitet habe man auf ausdrückliche Aufforderung der Berchtesgadener Polizei - wie eigentlich immer, denn die Polizei sei dünn besetzt. Der eigene Kräfteeinsatz sei sogar gering ausgefallen, denn die 40 Reisegäste zu betreuen, sei sehr aufwendig gewesen. Auch ein großes Zelt haben man wegen des Regens für sie aufstellen müssen.

In dem Verfahren gehe es nicht darum, was die Feuerwehr in solchen Fällen alles tun dürfe oder müsse, betont einer der Richter. Da seien etliche Dinge erledigt worden, "die eigentlich nicht zum originären Aufgabenbereich der Feuerwehr zählen", befindet die Kammer und dringt auf einen Vergleich - mit Erfolg: Die Gemeinde reduziert die Rechnung um 1000 Euro, der Klägeranwalt sagt die fehlenden 500 Euro vom Kläger zu. Für den Einsatz der Feuerwehr Berchtesgaden könnte ein weiteres Verfahren folgen. Grundsätzliche Fragen wird der Bayerische Verwaltungsgerichtshof anhand eines ähnlichen Falls aus Augsburg klären müssen.

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SZ vom 22.03.2019
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