Süddeutsche Zeitung

Eichstätt:Zentralrat kritisiert Weihe eines Priesters

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Von Dietrich Mittler, München

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat sie bereits vor einem Jahr prognostiziert: die Priesterweihe jenes Mannes, der im Juli 2013 aufgrund antisemitischer und rassistischer Äußerungen das Würzburger Priesterseminar verlassen musste.

Am Freitag, einen Tag vor der umstrittenen Weihe in Eichstätt, stellte Schuster erneut klar, dass die Vorgänge um diese Personalentscheidung das gute Verhältnis der jüdischen Gemeinden in Deutschland zur katholischen Kirche beschädigt hätten. "In meinen Augen ist das Vertrauen in die Aussagen von hohen Würdenträgern der katholischen Kirche erschüttert", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Schusters Kritik fußt vor allem darauf, dass der Seminarist nach seinem Rauswurf in Würzburg vor einem Jahr in Eichstätt zum Diakon geweiht wurde. Genau das aber habe er schon 2013 vorausgesagt, betont Josef Schuster, der auch als Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken fungiert.

"Damals hatte ich bereits die Sorge, dass er das Priesterseminar durch den Haupteingang verlässt und in einem anderen Priesterseminar durch den Hintereingang wieder reinkommt", sagt er. Verantwortliche der katholischen Kirche hätten ihm daraufhin versichert, dass dies gar nicht geschehen könne. Denn das gehe nur mit der Zustimmung der Diözese, aus welcher der angehende Priester stamme.

"Aber dann ist doch genau das eingetreten, was ich befürchtet hatte", sagt der Zentralratspräsident. Wenn erst einmal eine Diakonweihe stattfinde, sei es nahezu ein Automatismus, dass ein Jahr später die Priesterweihe erfolgt. Für ihn stehe die belastende Frage im Raum: "Wie glaubhaft sind Äußerungen von namhaften Vertretern der katholischen Kirche?" Das Argument der Diözese Eichstätt, dass der Mann eine zweite Chance verdient habe, überzeugt Schuster in diesem Fall nicht.

"Im Prinzip sehe ich da natürlich die Möglichkeit einer zweiten Chance", sagt er. Aber für eines habe er im konkreten Fall kein Verständnis: "Man hätte bei dieser Entscheidung die gleiche kirchlich eingesetzte Kommission wieder mit einbinden müssen, die 2013 zu dem Ergebnis gekommen war, dass der Betroffene für ein Priesteramt nicht die sittliche Reife habe." Wäre das geschehen, so stellt Schuster klar, dann "hätte ich diese zweite Chance für ihn akzeptiert".

Nach den bundesweit zu beobachtenden antisemitischen Vorfällen - zuletzt in Berlin - baut Zentralratspräsident Schuster darauf, dass Bayerns neue Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) die Pläne ihrer Amtsvorgängerin Emilia Müller intensiv weiterverfolgt.

Müller hatte sich dafür eingesetzt, nach Berliner Vorbild auch im Freistaat ein "niederschwelliges Meldesystem für antisemitische Vorgänge" einzurichten. Überdies betonte Schuster: "Ich hielte es auch für sinnvoll, wenn die Staatsregierung - ähnlich, wie es in Rheinland-Pfalz und Baden Württemberg bereits geschieht - einen Antisemitismus-Beauftragten benennen würde."

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Quelle:
SZ vom 21.04.2018
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