Süddeutsche Zeitung

Dürreperiode:Unterfranken trocknet aus

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Von Katja Auer, Würzburg

Hermann Kolesch ist wohl einer der wenigen, der sich gerade richtig über das heiße und trockene Wetter freuen kann. Denn den fränkischen Weinstöcken tut das gut, den älteren wenigstens. "Die Trauben stehen phantastisch", sagt der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. Es könne gut sein, dass die Winzer in diesem Jahr einen großen Jahrgang lesen könnten. Dafür dürfte es im Herbst allerdings nicht zu nass werden.

Der Präsident des fränkischen Weinbauverbands, Hermann Schmitt, ist mit solchen Prognosen noch etwas vorsichtig. "Das ist noch zu früh", sagt er, obwohl auch er einen guten Jahrgang erwartet. Gerade die jungen Weinstöcke hätten es allerdings schwer bei der Trockenheit, ihre Wurzeln ragen noch nicht so tief in den Weinberg. Die älteren Lagen kämen dagegen ganz gut mit der Witterung zurecht. "Aber wir bräuchten jetzt schon mal Regen", sagt er.

Den Bauern drohen Ernteaufsälle

Der fehlt nun schon seit Wochen in Unterfranken, die Region erlebt die größte Dürre seit 40 Jahren. Knapp 180 Liter pro Quadratmeter hat es dort in diesem Jahr geregnet, das ist nicht einmal die Hälfte des Durchschnittes der vergangenen Jahre. In Oberbayern waren es 482 Liter, in Schwaben sogar fast 600. Während den Bauern in Südbayern der Dauerregen im Frühjahr Probleme machte, fürchten die fränkischen Bauern nun erhebliche Ernteausfälle wegen Hitze und Trockenheit.

Getreide, Raps, Erbsen und Ackerbohnen könnten in diesem Jahr weniger geerntet werden, sagt Bernhard Weiler, der Präsident des unterfränkischen Bauernverbandes, am Donnerstag in Stadtlauringen (Landkreis Schweinfurt). Vor allem Bauern mit sandigen Böden müssten deshalb herbe Einbußen hinnehmen. "Dort rechnen wir mit Verlusten von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt", sagt Weiler.

Selbst das Grünfutter für die Tiere wird inzwischen knapp. Das Landwirtschaftsministerium reagierte bereits und lockerte die Auflagen für die Bauern. Die dürfen nun auch brach liegende Felder abmähen oder beweiden lassen ebenso wie Feldränder, die als ökologische Vorrangflächen beantragt wurden. Was dort wächst, ist als Futter sonst tabu. Die Ausnahme gilt für Unterfranken, aber auch Teile Oberfrankens und der nördlichen Oberpfalz. Ein paar Gewitter wie am Mittwochabend in Bamberg reichen noch nicht, um die trockenen Böden genügend zu wässern.

Wegen der Trockenheit steigt auch die Waldbrandgefahr, am Wochenende wird die Regierung von Unterfranken deswegen wieder Flugzeuge über die Wälder schicken. "Der Klimawandel wird greifbar", sagt Umweltministerin Ulrike Scharf. Wenn das Wetter so bleibe und die Trockenperiode anhalte, würde in Unterfranken eventuell sogar das Ausmaß des Steppensommers von 1947 erreicht. Der gilt in Deutschland als Jahrhundertsommer.

Selbst den Fischen im Main ist es längst zu warm. Wenn sich der Fluss auf mehr als 25 Grad erwärmt, und das hat er in diesem Jahr schon mehrmals, kann es kritisch werden für die Tiere, da der Sauerstoffgehalt sinkt. Mitarbeiter der Behörden messen in diesen Tagen regelmäßig Temperatur und Sauerstoffgehalt des Mains.

Das Wasser ist knapp. Als kürzlich ein Sägewerk in Hammelburg (Landkreis Bad Kissingen) brannte, ging den Feuerwehrleuten das Löschwasser aus, weil die Versorgungsleitungen und das Flüsschen Thulba nicht mehr genug Wasser führten. Bauern aus der Umgebung brachten Nachschub in ihren Güllefässern.

Um der Trockenheit zu begegnen, wird Wasser vom Süden in den Norden Bayerns gepumpt. Dafür ist seit 1993 die Donau-Main-Überleitung in Betrieb, das größte wasserbauliche Projekt Bayerns. Pro Jahr werden so im Durchschnitt etwa 150 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem wasserreicheren Donauraum in den Norden Bayerns geleitet. Bis zum Juni waren es in diesem Jahr schon 77 Millionen Kubikmeter, sagt Thomas Liepold, der zuständige Abteilungsleiter beim Wasserwirtschaftsamt Ansbach, und allein im Juli bisher noch einmal 25 Millionen Kubikmeter.

Am meisten Wasser wurde 1998 nach Franken gepumpt, damals waren es 202 Millionen Kubikmeter. Bisher floss etwa die Menge Wasser nach Nordbayern, die der Chiemsee fasst, teilt das Umweltministerium mit. Aus dem allerdings wird kein Wasser entnommen. Das kommt aus der Altmühl und der Donau. Entweder wird es über den Main-Donau-Kanal in die Talsperre Rothsee gepumpt, wo es in Main, Regnitz und Rednitz abgegeben wird. Eine zweite Variante ist die Überleitung in den Altmühlsee und dort durch den Kleinen in den Großen Brombachsee.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2015
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