Süddeutsche Zeitung

Finanzielle Hilfe:Bayern beschließt Rettungsschirm für Reha-Kliniken

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Der Freistaat will die Branche mit mehr als 60 Millionen Euro vor schwerwiegenden Folgen der Corona-Krise bewahren.

Von Dietrich Mittler, München

"Das Land muss die bayerischen Reha-Kliniken retten!" Nach gut einem Monat wird dieser Hilferuf nun erhört. Der Freistaat will der von der Corona-Krise hart getroffenen Reha-Branche mit mehr als 60 Millionen Euro beistehen - über die bereits bestehende Bundeshilfe hinaus. Den Reha-Kliniken solle so ermöglicht werden, "ihre Existenz weiter zu sichern", wie Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung erklärte. "Wir geben hier 50 Euro pro Tag und Bett. Das kostet etwa 63 Millionen Euro", sagte der Minister - und fügte sofort hinzu: "Es wird aber schon auch darauf geachtet, dass keine Überkompensation entsteht." Das verstehe sich von selbst.

Indirekt ging Füracker dann auch darauf ein, warum der Reha-Bereich erst jetzt mit finanzieller Hilfe rechnen kann. Verantwortlich dafür sei die ungeheure Dynamik der Corona-Krise gewesen, welche die politisch Verantwortlichen von Bund und Land dazu zwang, Prioritäten zu setzen. Nun aber, so hob Füracker hervor, bekämen auch jene Unterstützung, bei denen "es bisher nicht so viel Hilfe gab" - wobei es auch hierbei wieder Lücken gebe.

York Dhein, der Vorstandsvorsitzende der Johannesbad Gruppe, ist glücklich, dass die Reha-Branche dieses Mal nicht zu jenen gehört, die leer ausgehen. "Bayern hat als erstes Bundesland verstanden, dass es zusätzlich zu den Bundesmaßnahmen einen Rettungsschirm für die Reha-Kliniken geben muss", sagte er. Die Mittel des Bundes, die sich an den Vorjahresvergütungen für Reha-Leistungen orientierten, hätten lediglich "dazu ausgereicht, dass man die Strukturen gerade so am Leben erhält".

Bayern gilt bezüglich der Angebotszahl noch vor Baden-Württemberg als das stärkste Reha-Land in Deutschland. "Da hängen 60 000 Arbeitsplätze dran, wenn man unter anderem auch die Zulieferbetriebe einbezieht", sagte Dhein. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) habe es "wirklich verstanden, dass man hier diese Strukturen zukunftsfähig erhalten muss".

Der bayerische Rettungsschirm, so Dhein weiter, sei also unbedingt zu begrüßen - verbunden mit der Hoffnung, dass auch andere Bundesländer solche Hilfsmaßnahmen einleiten. Immerhin gelte es zu berücksichtigen, dass das deutsche Gesundheitssystem dank der Reha-Branche sehr viel Geld spare - "allein durch die Reha bei chronischen Rückenschmerzen spart sich die Volkswirtschaft jedes Jahr Millionen von Euro", sagte Dhein.

In Folge der Corona-Krise drohen Bayerns Reha-Kliniken selbst zum Patienten zu werden - allein schon durch die Ausfälle, die dadurch entstehen, dass Akutkrankenhäuser ihre planbaren Operationen auf unbestimmte Zeit verschieben mussten. "Die Anschlussheilbehandlungen bei uns brachen weg", sagte Dhein. Die Betten der Reha-Einrichtungen standen in der Folge leer. Da half es auch nicht viel, dass Reha-Kliniken einen Teil ihrer Kapazitäten dafür bereitstellen konnten, Covid-19-Patienten zu übernehmen. In der Johannesbad Fachklinik in Bad Füssing etwa wurden dafür 34 Betten zur Verfügung gestellt.

Was die Johannisbad Gruppe betrifft, macht sich der Vorstandsvorsitzende Dhein keine Sorgen, die Krise zu überstehen. Aber für Reha-Unternehmen, die bereits vor der Pandemie nur knapp an einem Defizit vorbeigeschrammt waren, könne es nun sehr eng werden.

Erst recht gilt das für viele Krankenhäuser in Bayern, von denen schon vor Corona gut 55 Prozent ein Defizit erwirtschafteten. Die meisten dieser Kliniken sind nun im Kampf gegen die Pandemie aber auch deshalb stark gefordert, weil ihnen Einnahmen für planbare Operationen weggebrochen sind. Die Staatsregierung will deshalb "besonders krisenbelastete Krankenhäuser" unterstützen, sagte Finanzminister Füracker.

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SZ vom 22.04.2020
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