Süddeutsche Zeitung

Bildung:Söder will neues Schulfach in Bayern einführen

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Von Anna Günther, München

Kaum haben Schüler den Abschluss in der Tasche, sind sie vom Leben überfordert. Von der Vielfalt an Möglichkeiten, von der Frage Uni oder Ausbildung, von praktischen Dingen wie Mietverträgen, Versicherungen oder Kochrezepten. Derlei Klagen, dass die Schule Mädchen und Buben nicht auf das Leben danach vorbereitet, kommen regelmäßig auf. Ein neues Schulfach soll es nun in Bayern richten, so will es Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in seinem Maßnahmenpaket zum Artenschutz. "Alltagskompetenz und Lebensökonomie" soll dieses Fach heißen und Kindern mehr Wertschätzung sowie Wissen über heimische Natur und Landwirtschaft vermitteln, über Klimaschutz und Praktisches für den Alltag informieren.

Mehr Praxisnähe ist seit Jahren auch ein Wunsch des Landesschülerrats (LSR), genauer der LSR-Gymnasiasten: Statt in mehreren Sprachen Gedichte zu interpretieren, müssten Schüler lernen, Mietverträge abzuschließen. Als "Lebenskunde" bezeichnete Matthias Weingärtner, der frühere Koordinator des LSR in Bayern und Sprecher der beruflichen Oberschulen, diese Inhalte in der Diskussion zum Lehrplan für das neue G 9. Auch die Studentensprecher klagen über zu viele Erstsemester, die nicht einmal mit Word und Excel umgehen könnten. Bisher waren aber schon zusätzliche Stunden für existierende Fächer wie Sozialkunde ein Tabu, um keine neuen Verteilungskämpfe der Fächervertreter um Stunden und Bedeutung auszulösen. Von neuen Fächern ganz zu schweigen. Dabei war mehr Zeit für politische Bildung sogar ein Argument der CSU für das neue G 9.

Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) nennt Söders Idee "Willensbekundung" und betont, dass seine Fraktion schon 2013 mehr Alltagswissen an Schulen gefordert hatte. Einen aktuellen Plan gibt es trotzdem nicht. Welche Themen in diesem neuen Fach behandelt werden, ob es für alle Schularten gedacht ist und welche Lehrer es unterrichten sollen, steht genauso wenig fest wie der Status Wahl- oder Pflichtfach für alle.

"Denkverbote" gebe es nicht, sagte Piazolo dazu. Dafür soll es jetzt schnell gehen. Ergebnisse will er vor der Sommerpause präsentieren. Das Ministerium solle auch prüfen, welche Projekte bereits existieren. Lange suchen muss man nicht: Das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung hat vor Jahren ein Konzept veröffentlicht, das ebenfalls "Alltagskompetenz und Lebensökonomie" heißt und Schülern von der ersten bis zur zehnten Klasse fächerübergreifend Wissen zu Ernährung, Gesundheit, Haushaltsführung und Umwelt vermitteln soll. An vielen Realschulen gibt es seit 2014 zudem das Wahlfach "Verbraucherprofi".

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Quelle:
SZ vom 11.04.2019
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