Süddeutsche Zeitung

Lehrermangel:Quereinsteiger für Grundschulen

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Wegen des Lehrermangels gibt es dazu "erste interne Überlegungen". Bislang galt der Einsatz von Quereinsteigern an allgemeinbildenden Schulen als undenkbar.

Um den Lehrermangel zu beheben, könnten an Grund- und Mittelschulen vom kommenden Schuljahr an Quereinsteiger eingesetzt werden. Entsprechende Überlegungen gibt es im Kultusministerium, wie aus einem internen Papier hervorgeht, das der SZ vorliegt. Dabei betonte die Staatsregierung bisher stets beim Blick in andere Bundesländer, die mit Stundenausfällen und offenen Stellen kämpfen, dass in Bayern alles unter Kontrolle sei. Quereinsteiger an allgemeinbildenden Schulen einzusetzen, galt als undenkbar. Kreative Planung und Umschulungen stopften im Freistaat die Lücken. Experten ohne typische Lehrerausbildung arbeiten bisher nur an beruflichen Schulen.

Zielgruppe der neuen Sondermaßnahme für "Ein-Fach-Fachlehrer" sind Theaterpädagogen, Kunstpädagogen, Sportlehrer sowie Fremdsprachenkorrespondenten oder Dolmetscher für Englisch. Diese sollen den Plänen zufolge einen didaktischen Crashkurs am Staatsinstitut für die Fachlehrerausbildung draufsetzen und so schnell einsetzbar sein. Davon verspricht man sich eine Entlastung der Klassenlehrer in Grund- und Mittelschulen. Würden Stunden von "Ein-Fach-Fachlehrern" übernommen, könnten Klassenlehrer anderweitig unterrichten und so Stundenausfällen entgegenwirken. Konkurrenz zu den Zwei-Fach-Fachlehrern wären die Quereinsteiger nicht, heißt es. Wie bei Mittelschullehrern bekommen alle Absolventen einen Job, die die Anforderungen erfüllen.

Von einem Kurswechsel will Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) allerdings nichts wissen. Er spricht von "ersten internen Überlegungen". Ziel sei, langfristig die Unterrichtsversorgung sicher zu stellen. Dafür brauche es einen "Werkzeugkasten" mit vielen Maßnahmen. Quereinsteiger als "Ein-Fach-Lehrer" einzustellen sei nur ein Mittel, "das kommen kann oder auch nicht". Auch von der CSU heißt es, die Maßnahme dürfe nur vorübergehend sein, wenn die "Notlage" es erfordere.

Die favorisierte Maßnahme ist erschöpft: 2200 Realschul- und Gymnasiallehrer schulten zuletzt für Beamtenjobs an Volksschulen um. Aber das Ministerium geht nun von deutlich geringerem Interesse an diesen Zweitqualifizierungen aus. Die Bewerber warteten lieber, bis 2025 an den Gymnasien Hunderte Lehrer auf einmal eingestellt werden, wenn es wegen des G 9 wieder eine 13. Klasse gibt, sagt einer, der sich gut auskennt.

Die Verbeamtung ist offenbar kein Garant mehr für ausreichend Bewerber, wie die neuen Überlegungen zeigen. In Bayern sind mehr als 90 Prozent der Lehrer Beamte, während sich andere Bundesländer das nicht mehr leisten. Auch die Entfristungs-Offensive der Staatsregierung stieß auf weniger Zustimmung als erhofft. 808 Stellen gibt es, bis Ende April bewarben sich gut 300 Pädagogen. Die Bewerbungsfrist wurde verlängert, die Voraussetzungen gelockert. Fraglich ist, ob diese Maßnahmen ausreichen, um langfristig den Lehrermangel in den Griff zu bekommen. Lehrer in Teilzeit oder Sabbaticals wieder stärker einzubinden, brächte schnelle Abhilfe. Für Piazolo aber ist der Griff ans Stundendeputat derzeit ein No-Go. Appelle der Opposition oder des Lehrerverbands, die Ausbildung grundsätzlich zu reformieren, lehnen CSU und Freie Wähler ab.

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SZ vom 28.06.2019 / angu
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