Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bayern:Wohnen im Tiefstparterre

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Mit dem Schaffen bezahlbaren Wohnraums tut sich nicht nur der Freistaat weiter schwer. Um den Anstieg der Mieten zu begrenzen, bleibt daher eigentlich nur eine Richtung.

Glosse von Maximilian Gerl

Die gute Nachricht: Die Mietpreise in vielen Großstädten sind im vergangenen Jahr nicht so stark gestiegen wie früher. Was man sich daher bei den Mieterhöhungen spart, kann man dank rekordträchtiger Inflation für andere Dinge ausgeben. In Würzburg zum Beispiel: Ein Mietenplus von nur einem Prozent von 2020 auf 2021 verzeichnet dort das Portal Immowelt. Der Quadratmeter kostete dort im Median zuletzt 10,50 Euro - zehn Cent mehr.

Die schlechte Nachricht für viele Mieterinnen und Mieter: Andernorts fiel die Steigerung größer aus, in Augsburg und Regensburg etwa rangiert sie bei je fünf Prozent. Und selbst ein niedriges Plus ist halt ein Plus und für all jene ein Problem, bei denen es eh schon knapp im Geldbeutel ist. Dabei sollte Wohnen doch bezahlbar sein, so hat es unter anderem die Staatsregierung versprochen - und 10 000 neue Wohnungen bis 2025 gleich mit. Dass das sportlich wird, räumte zum Jahreswechsel sogar der Chef der staatlichen Wohnbaugesellschaft der Immobilienzeitung ein. Demnach summieren sich die Bayern-Heim-Projekte, die geplant sind, sich im Bau befinden oder realisiert wurden, auf erst 3000 Wohneinheiten. Um die restlichen 7000 pünktlich zu schaffen, sei man auf die Hilfe der Privatwirtschaft angewiesen.

Ob die kommt? Auch viele Unternehmen, Genossenschaften und Kommunen tun sich ja mit der Schaffung neuen Wohnraums schwer, aus vielen Gründen. Unter anderem ist Boden endlich und teuer. Der Flächenverbrauch soll am besten in Maßen gehalten werden. Stattdessen höher zu bauen, wollen viele Gemeinden aber auch nicht so recht.

Wenn es also weder in die Fläche geht noch nach oben - ja, dann bleibt, um das Mietenplus künftig in Grenzen zu halten, in Bayern nur noch der Weg nach unten. Interesse fände das neue Tiefstparterre sicher, schließlich ist die Maklersprache reich von wunderschönen Formulierungen. So ließe sich eine stillgelegte Zisterne als "negativ errichteter Wohnturm" bewerben. Barrierefreies Wohnen verspräche der Loft-Ersatz Tiefgarage, "mit Verkehrsanbindung". Und wer lieber naturnah lebt, freut sich vielleicht über eine "urige 2-Zimmer-Erdhöhle in ruhiger Lage, frisch gegraben und bezugsfertig". Wasser wäre sogar kostenlos, aber nur bei Regen.

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