Süddeutsche Zeitung

Bayern-SPD:Pronold für die Ewigkeit

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Von Frank Müller, München

Es war grober Spott, den der niederbayerisch-türkische Kabarettist Django Asül beim Maibockanstich über Bayerns SPD-Chef Florian Pronold ablud. Wenn Pronold kommt, dann laute das Motto: "Obacht, geht's auf d'Seitn, jetzt kommt der Fahrer von der Barbara Stamm", lästerte Django Asül. Er kennt Pronold gut, besser als die meisten Bayern. Sie waren zusammen im Gymnasium und machten beide eine Banklehre bei der Deggendorfer Sparkasse.

Jetzt will Pronold zeigen, dass er mehr zu bieten hat als nur die Aura eines Dienstchauffeurs mit Sparkassen-Vergangenheit. Am Dienstag sitzt er bei einer seiner regelmäßigen Frühstücksrunden in der Münchner Traditions-Wirtschaft "Zum Spöckmeier". Eigentlich will er über den Wohnungsmarkt und viel zu hohe Mieten sprechen, seine eigentliche Botschaft verpackt er in ein paar Nebensätze. "Deutlich über die Landtagswahl hinaus" wolle er Chef der bayerischen SPD bleiben, sagt Pronold auf einmal bestimmt. Weil die Wahl im Jahre 2018 stattfindet und der nächste SPD-Wahlparteitag schon ein Jahr später, bedeutet Pronolds Ankündigung in der Praxis eine Amtszeit bis mindestens 2021. Sechs Jahre sind das - eine politische Ewigkeit. Pronold zeigt Machtanspruch und erstickt eine Führungsdebatte, von der gar nicht klar ist, ob es sie überhaupt gab.

Nach Ude braucht die SPD einen Spitzenkandidaten

Bayerns SPD ergeht es im Grunde nicht viel anders als der großen CSU. Sie braucht einen neuen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018, weil der Mann vom letzten Mal nicht mehr antritt: Christian Ude war das. Bei der CSU heißt die Alternative für die Nachfolge von Horst Seehofer Finanzminister Markus Söder oder Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Bei der SPD geht es um Florian Pronold oder Markus Rinderspacher. Pronold, 42, aus Niederbayern, Bundestagsabgeordneter und Staatssekretär. Rinderspacher, 45, aus der Pfalz nach München gekommen, Chef der SPD-Fraktion im Landtag. Theoretisch gibt es noch einen Dritten: Ulrich Maly, 54, Oberbürgermeister von Nürnberg. Er ist populär und wäre selbst nach Auffassung von Seehofer eine echte Gefahr für die CSU. Aber Maly will nicht, möglicherweise ernsthafter nicht, als es früher Ude nie wollte, bevor der ebenfalls sehr populäre Münchner OB dann doch antrat. Maly ist so demonstrativ fränkisch-ambitionslos, dass er noch nicht einmal eine eigene Website hat.

Also, vielleicht, Pronold? Als Landeschef, der sich Ende Juni beim Parteitag im oberfränkischen Hirschaid wiederwählen lassen möchte, könnte ihm die Partei das Recht zur Spitzenkandidatur kaum streitig machen. Erst im Jahr 2017 will die Partei sie festzurren. Die Frage ist nur, wie erstrebenswert sie ist. Als Söder oder Aigner kann man relativ sicher hoffen, eine Kandidatur in einen Regierungschef-Posten zu verwandeln. Als SPD-Spitzenkandidat wird man bestenfalls Vize-Ministerpräsident in einer auch nur sehr hypothetischen großen Koalition. Es ist einen Opfergang, Spitzenkandidat zu werden.

Ein bisschen Sicherheit darf schon sein

Pronold weiß das, vielleicht sagt er deswegen ganz schnell dazu, er werde auch im Jahr 2017 "aller Voraussicht nach" wieder für den Bundestag kandidieren. Pronold ist seit 2013 parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Anzug und Krawatte sitzen staatsmännisch, wie es sich gehört. Der Mann im Anzug wirkt dagegen immer noch so jungenhaft wie der bayerische Juso-Chef Pronold vor 15 Jahren. Und doch: Er hat mit Anette Kramme, der parlamentarischen Staatssekretärin im Arbeitsministerium, die einzigen Regierungsposten, die die Bayern-SPD zu vergeben hat, und Pronold wird sich zweimal überlegen, ob er diesen mit ungewisser Zukunft aufgibt. Genau das müsste er wohl tun, würde er bayerischer Spitzenkandidat für 2018. Denn als Berliner Staatssekretär ein paar Monate Wahlkampf machen und im Falle des Misserfolgs einfach in Berlin bleiben wollen - das wäre eine Strategie, mit der man wohl gar nicht erst antreten müsste. Pronold weicht aus: "Ich muss nicht alle Fragen heute beantworten", lächelt er.

Viel lieber spricht er über eine Machtperspektive in einer großen Koalition auch für Bayern. In Berlin funktioniere die Zusammenarbeit doch sehr gut, meint er. In Bayern dagegen noch einmal nur auf ein Dreierbündnis mit Grünen und Freien Wählern zu setzen, wie es Christian Ude tat, "hielte ich für einen Fehler", sagt Pronold - alleine schon wegen FW-Chef Hubert Aiwanger. Dessen "gewisse Sprunghaftigkeit" könne dazu führen, dass eine Regierung zwei Wochen vor der Wahl plötzlich nicht mehr existiert, warnt Pronold. Da ist ihm, dem gelernten Bankkaufmann, was Sicheres ganz offenbar lieber. Und wenn es in Berlin ist.

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SZ vom 13.05.2015
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