Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:Schon mal eine bayerische Melone probiert?

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Adelshofen liegt nicht in den Subtropen. Auch nicht in Italien oder Griechenland. Landwirt Johannes Dittert hat sich trotzdem auf Melonen spezialisiert. Der Geschmack? "Schon sensationell", sagt er.

Von Stefan Salger, Adelshofen

Es riecht nicht nach Kartoffeln oder Mais und erst recht nicht nach Raps, so wie man das im landwirtschaftlich geprägten Fürstenfeldbrucker Hinterland erwarten könnte. Es riecht irgendwie verlockend und leicht süßlich. Zwischen dem Ortsrand Luttenwang, einem Wald, Wiesen und teils bereits abgeernteten Äckern gedeihen ziemlich einzigartige Feldfrüchte. Unter transparenten Planen wachsen Melonen. Wie in Italien oder Griechenland.

Johannes Dittert, 29, steht barfuß neben ein paar bunten Gießkannen, einem großen Traktor-Wasseranhänger und den beiden 40 und 50 Meter langen Folientunneln, die jedes Jahr versetzt werden. In einer Erntepause erklärt der Landwirt mit Dreitagebart und Brille, wie er auf die Idee kam, 300 Meter entfernt vom Luttenwanger Ortsrand ausgerechnet Melonen anzubauen. Ein früherer Klassenkamerad habe ihn darauf gebracht. Dieser hatte bei der Abschlussfahrt mit der Fürstenfeldbrucker Meisterschule eine Melonenplantage in der Toskana besucht und mit einem Kompagnon in Bergkirchen einen bis heute andauernden Selbstversuch gestartet.

"Ich fand das ziemlich cool, und Patrick hatte nichts dagegen, dass ich es auch versuche." Im Freistaat dürfte es lediglich noch einen weiteren Landwirt geben, der Melonen anbaut - auf zwei Hektar in Niederbayern. Auch die Landesanstalt für Gartenbau in Bamberg experimentiert seit gut einem Jahr auf diesem Feld. Dittert begann bereits 2016 - um Erfahrungen zu sammeln, erst einmal mit einer Zeltkonstruktion. Für ihn war und ist es ein zweites Standbein, ein Nebenerwerb, vor allem aber ein Hobby, das sich in einem überschaubaren Familienbetrieb praktizieren lässt. Gemeinsam mit seiner Frau Anna Sophie, 28, und den Schwiegereltern bewirtschaftet Johannes Dittert jeweils zweieinhalb Hektar Ackerland sowie eine Wiese. Auf den Feldern wird Körnermais für den Verkauf und Getreide als Futtermittel für die fünf eigenen Kühe angebaut, deren Milch für die Kälbermast benötigt wird.

Seit zwei Wochen und noch bis etwa Anfang September werden die Früchte ein- bis zweimal täglich geerntet - neben den bis zu zehn Kilo schweren Wassermelonen die kleineren Honigmelonen der Sorten Cantaloupe mit orangefarbenem Fruchtfleisch sowie Gallia mit grünem Fruchtfleisch. Er wolle ja nicht übertreiben, sagt Johannes Dittert und lacht ein wenig schelmisch, aber der Geschmack der "vollreifen" und frisch geernteten Melonen sei "schon sensationell".

Nur einmal, in der ersten Saison, konnte er seine Melonen irgendwann nicht mehr sehen. Da wollte er herausfinden, ob sie am besten schmecken, wenn man sie direkt nach dem Regen oder morgens oder abends erntet. "Da habe ich dann schon drei oder vier Stück am Tag gegessen."

Die Melonen werden in der kleinen Holzbude vor dem Wohnhaus mit seinen blauen Fensterläden offeriert, am Rand der Haspelstraße, kurz vor dem Ortsausgang. Am Dienstag liegen dort drei große Wassermelonen zum Stückpreis von acht bis 13 Euro sowie Honigmelonen in allen Größen zu Preisen zwischen zwei und neun Euro. Daneben steht eine kleine Kasse, in die Kunden das Geld einwerfen sollen. Die Ditterts beliefern zudem drei Hofläden in der Umgebung. Die Abnehmer wüssten die Vorzüge der regionalen Produktion ohne Spritzmittel zu schätzen und seien bereit, für die Wassermelonen etwa ein Viertel mehr zu bezahlen als für die Massenware der Discounter.

Eiskalt erwischt hat es den gelernten Berater für Landwirtschaft und seine süßen Früchte im vergangenen Jahr. Da setzte er die Jungpflanzen nach den Eisheiligen aus und hatte die Rechnung ohne die folgende Schlechtwetterfront gemacht. Die Hälfte der Melonen sei erfroren. Nicht ganz so schlimm ist es mit Wespen und Mäusen. Wirklich leicht verschmerzen lässt sich Schwund im kleineren Maßstab: Da klingelte einmal eine Nachbarin und bezahlte eine Melone. Ihre Kinder hätten diese angeblich am Wegesrand "gefunden".

Ebenso wie die Melonenbauern im Dachauer Landkreis hat der Luttenwanger Landwirt durchaus darüber nachgedacht, mit dem Anbau von Süßkartoffeln oder Erdnüssen noch einen Schritt weiter zu gehen - zumal es durch den Klimawandel künftig ja wärmer werden dürfte. Erdnüsse freilich müsste man rösten lassen. Und dem Ehepaar Dittert reicht die Arbeit auch so schon. Deshalb werden sie es erst einmal bei Melonen belassen. Allzu viele Nachahmer und damit Konkurrenten müssen sie nicht fürchten. Denn die Melonen sind dann reif, wenn die meisten Landwirte ihre Ernte auf den Feldern einbringen und gar keine Zeit haben für eine solche Zusatzarbeit. Belächelt aber wird der Luttenwanger Melonenbauer längst nicht mehr von den Kollegen.

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Quelle:
SZ vom 13.08.2019
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