Süddeutsche Zeitung

Balkanroute:Österreich übergibt fast keine Flüchtlinge mehr an Bayern

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Von Matthias Köpf, München

Mit der faktischen Schließung der Balkanroute für weitere Flüchtlinge stellt sich auch die Bundespolizei an der bayerisch-österreichischen Grenze auf neue Schwerpunkte in ihrer Arbeit ein. Man reagiere "in Echtzeit" auf die veränderte Lage, sagte am Donnerstag ein Sprecher der Bundespolizeidirektion in München.

Weil über das bisherige, mit der österreichischen Seite abgesprochene Übergabeverfahren an ausgewählten Grenzorten derzeit fast keine neuen Asylbewerber mehr ins Land kommen, verlegt sich die Bundespolizei inzwischen verstärkt auf Kontrollen direkt an der Grenze und auf die Schleierfahndung im Hinterland. So greifen die Beamten mittlerweile wieder deutlich mehr Menschen auf, die auf eigene Faust einreisen oder sich dazu der Hilfe von Schleusern bedienen.

Von den wenigen Hundert Neuankömmlingen, die die Bundespolizei momentan an durchschnittlichen Tagen registriert, werden ihr mittlerweile die allerwenigsten im geregelten Verfahren von den österreichischen Kollegen übergeben, heißt es aus der Münchner Direktion. An manchen Tagen ist die Zahl der neuen Asylbewerber an der österreichischen Grenze nur noch zweistellig.

Die Infrastruktur bleibt erst einmal in Betrieb

Zu Spitzenzeiten im vergangenen Herbst hatten oft deutlich mehr als 10 000 Flüchtlinge pro Tag die Grenze passiert. Den Winter über hatte sich ihre Zahl auf 2000 bis 3000 pro Tag eingependelt, seit Mitte Februar ist sie laut Bundespolizei in der Regel nur noch dreistellig. Die gemeinsame Infrastruktur mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an den Übergabeorten Passau, Freilassing und Rosenheim bleibe zwar in Betrieb und mit Beamten besetzt. Insgesamt seien aber inzwischen mehr Kapazitäten für die eigentlichen Polizeiaufgaben entlang der Grenze frei, heißt es aus der Direktion.

Auch bei der Bundespolizei rückt damit nun wieder die Brennerroute durch das Inntal stärker in den Fokus, seit die Balkanroute kaum mehr passierbar ist. Offizielle Angaben dazu und zur genauen Kontrollstrategie entlang der Grenze gibt es von der Polizei nicht. Ministerpräsident Horst Seehofer und der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter hatten aber bereits am Dienstag nach einem Treffen in München betont, man werde gemeinsam alles tun, um größere Flüchtlingsströme und damit ein drohendes Chaos auf der Brennerautobahn zu verhindern.

Zugleich will Seehofer nach eigenen Angaben darauf hinwirken, dass die Grenzkontrollen auf den Autobahnen in Zukunft in aller Regel zweispurig stattfinden, um die ständigen Rückstaus auf der A 8 von Salzburg, der A 3 bei Passau und der A 93 durch das Inntal zu verhindern. Besonders die Region um Bad Reichenhall und das Inntal bei Kiefersfelden leiden unter zusätzlichen Staus, weil dort viele Fahrer die kleineren Grenzübergänge nehmen, um den Rückstau an den Autobahn-Kontrollpunkten zu umgehen. Politiker und Wirtschaftsvertreter aus den Grenzgebieten fordern seit langem Verbesserungen. Er hoffe, dass es noch vor Ostern eine Lösung gebe, sagte Seehofer.

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Quelle:
SZ vom 11.03.2016
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