Süddeutsche Zeitung

"Defizit bei Personal- und Mitarbeiterführung":Stadtrat von Bad Wörishofen spricht Bürgermeister das Misstrauen aus

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Das Gremium stellt sich gegen Stefan Welzel (CSU) - will den Streit über die vielen Kündigungen im Rathaus aber nicht-öffentlich klären. Über ein politisches Sommergewitter.

Von Florian Fuchs, Bad Wörishofen

Bad Wörishofen ist als Kneipport bekannt, vielleicht würde es dem einen oder anderen politisch Verantwortlichen ja mal gut tun, in einer der zahlreichen Kneippanlagen der Stadt die Gemüter zu kühlen. Es ist großes kommunalpolitisches Kino, das sich derzeit in Bad Wörishofen abspielt und bayernweit wohl einzigartig ist: Inzwischen mehr als 50 Angestellte haben das Rathaus verlassen, seit es nach der vergangenen Wahl unter der Leitung des Ersten Bürgermeisters Stefan Welzel steht.

Vor ein paar Monaten dann erteilte der CSU-Mann seinem Kämmerer und Parteikollegen Hausverbot, ein von Gerüchten untermalter Vorgang. Und jetzt fordert der Stadtrat inklusive der CSU-Räte nicht nur eine Aufarbeitung der Streitthemen, er spricht recht unverblümt dem Bürgermeister gleich ganz die Kompetenz für eine ordentliche Personalführung ab - und zwar in einem Antrag für eine Sondersitzung, die jedoch nicht-öffentlich stattfinden soll.

In der Sitzung will der Stadtrat unter anderem beschließen, dass die Personalreferentin zu allen Personalentscheidungen hinzugezogen und über Probleme von Mitarbeitenden informiert wird. Der Erste Bürgermeister soll zudem verpflichtet werden, im Stadtrat Auskunft zu sämtlichen Personalentscheidungen zu erteilen. Ausdrücklich sollen künftig auch Nachfragen dazu erlaubt sein.

In ihrer Begründung für den eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Antrag gehen die Stadträte hart mit Welzel ins Gericht, der jüngst mit Blick auf die Personalfluktuation auf den umkämpften Arbeitsmarkt verwiesen hat. Vorgesetzte sollen übergangen worden sein, Mitarbeitende fragwürdige Anweisungen erhalten haben. Hauptgrund für die vielen Kündigungen seien daher scheinbar eher "ein erhebliches Defizit bei Personal- und Mitarbeiterführung", heißt es in dem Antrag. Der Stadtrat, heißt es im bemerkenswerten Schluss des Papiers, habe dem Bürgermeister laut Geschäftsordnung Angelegenheiten zur selbstständigen Erledigung übertragen, insbesondere was Personalentscheidungen anbelangt. Diese Rechte könnten dem Ersten Bürgermeister auch wieder entzogen werden.

Allein der Antrag ist ein klares Misstrauensvotum für Welzel, dem selbst manche Parteigenossen bereits vor seiner Wahl 2020 nicht zugetraut hatten, für den Job geeignet zu sein. Es stellt sich die Frage, wie ein Bürgermeister überhaupt arbeitsfähig bleiben kann, der vom Stadtrat dermaßen an die Leine genommen wird. Umgekehrt müssen sich die Stadträte jedoch fragen lassen, wieso die anvisierte Sondersitzung nicht-öffentlich sein soll. Sensible Personalfragen, die im Antrag angeschnitten werden, können natürlich ausgelagert und hinter verschlossenen Türen besprochen werden. Dem Ersten Bürgermeister aber eine intransparente Kommunikation vorwerfen und dann die Kritik und Beschlüsse gegen ihn nicht-öffentlich besprechen und fällen zu wollen, ist inkonsequent und undemokratisch.

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