Süddeutsche Zeitung

Ausbau der A 73:Streit um den Frankenkriechweg

Lesezeit: 2 min

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Es gibt kaum ein Thema, das die Nürnberger so in Wallung bringt, wie der Frankenschnellweg. Wer das nicht versteht, muss nur in Coburg auf die A 73 fahren und von dort in Richtung Süden aufbrechen. Bamberg, Forchheim, Erlangen, die nördlichen Stadtteile von Fürth, alles sehr zügig auf einer gut ausgebauten Autobahn zu erreichen.

Wenige Kilometer nach dem Ortsschild von Nürnberg empfiehlt es sich dann, die Straße zu verlassen. Es sei denn, man möchte sich über die Relativität des Begriffs "Schnellweg" Gedanken machen. Es soll Autofahrer geben, die versichern, sie hätten wesentliche Teile ihres Lebens im Stau vor den Ampeln dieses Schnellwegs verbracht. Was nicht mal übertrieben sein muss. Seit Jahrzehnten streitet die Stadt für und um einen sogenannten "kreuzungsfreien" Ausbau. So heftig wie im Moment aber war es selten.

Was die Planung verzögert hat

Der Ärger entfacht sich an einer Klage des Bund Naturschutz (BN) gegen das Bauprojekt. Wer allein sämtliche historische "Der-Ausbau-kommt"-Politiker-Fotos vor Frankenschnellweg dokumentieren wollte, bräuchte viel Platz. Inzwischen aber waren sich Finanzminister Markus Söder (CSU) und Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) sicher, dass es mit dem Ausbau tatsächlich losgehen kann - bis der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einer Klage von BN und Anwohnern stattgegeben hat. Damit ist eine Berufung gegen den Planfeststellungsbescheid zugelassen.

Die Stadt fürchtet nun, der Ausbau könnte sich erneut um Jahre verzögern und dabei jedes Jahr bis zu 15 Millionen mehr kosten - zusätzlich zu den bislang geschätzten 450 Millionen Euro. Schlimmer noch: Weil der Streckenabschnitt in Nürnberg formal als Kreisstraße gewertet wird und dieser weniger als zehn Kilometer beträgt, glaubten die Planer auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichten zu können. Ob sie das wirklich durften, hätte wohl erst das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig klären können. Verzögerung: bis zu fünf Jahre.

Kritik am Bund Naturschutz

So prasselt auf den Bund Naturschutz die Kritik nur so ein. Die Leserbriefspalten fränkischer Zeitungen quellen über, der Alt-OB Peter Schönlein (SPD) trat sogar öffentlichkeitswirksam aus dem BN aus, nach 40 Jahren. Er wettert gegen eine "fundamentalistische" Haltung, die der Stadt schweren Schaden zufüge. Diese hat nun rasch reagiert: Sie will im August selbst mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung beginnen, es sollen jetzt also doch die Auswirkungen des Bauprojekts auf Mensch und Natur untersucht werden.

Otto Heimbucher, CSU-Stadtrat und Vorsitzender des lokalen BN, kann seine Genugtuung nur schwer verbergen. Das hätte man längst in die Wege leiten können, sagt er, immerhin werde die Baustelle Anwohner wohl bis zu zehn Jahre belasten. Im Übrigen betreibe man keine "Fundamentalopposition". Im Gegenteil: Nachdem die Umweltverträglichkeit geprüft sei, "könnte sich das juristische Berufungsverfahren erledigen", deutet der BN-Mann an.

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SZ vom 09.07.2015
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