Süddeutsche Zeitung

ANregiomed:Verwaltungsrat verwirft erneut Rettungsidee

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Die Krise beim Ansbacher Klinik-Sanierungsfall spitzt sich weiter zu, das Nachsehen hat am Ende der Steuerzahler.

Von Uwe Ritzer, Ansbach

Maximal acht Stunden dürfen Sitzungen des Verwaltungsrates von ANregiomed ab sofort noch dauern. Das ist für die Mitglieder des maßgeblichen Zwölferrates beim größten Klinik-Sanierungsfall Bayerns ein Fortschritt. Bisher dauerten dessen Zusammenkünfte häufig weitaus länger und bisweilen sogar vom frühen Nachmittag bis zum frühen Morgen des nächsten Tages. Nun schaffte es das Gremium wenigstens, sich selbst ein Zeitlimit zu setzen. Bei der drängendsten Frage jedoch, wie es mit dem hoch verschuldeten und mit 30 000 Euro pro Tag defizitären Klinikverbund von Stadt und Landkreis Ansbach weitergeht, drehen sich die Verantwortlichen nach der jüngsten Verwaltungsratssitzung wieder im Kreis.

Zu Jahresbeginn beschloss der mit Kommunalpolitikern besetzte Verwaltungsrat, ein externes Unternehmen zu engagieren, welches das ANregiomed-Management übernehmen sollte. Mit der Sana AG glaubte man den richtigen Partner gefunden zu haben; sogar ein detaillierter Vertrag wurde ausgehandelt. Doch dann fand die Zusammenarbeit mit der Sana AG doch nicht die notwendige Mehrheit im Verwaltungsrat und wurde abgelehnt. Stattdessen beschloss das Gremium im April eine europaweite Ausschreibung der Geschäftsbesorgung, um sich dann aber vor wenigen Tagen in der Mai-Sitzung wieder dagegen zu entscheiden. Nun soll ein Headhunter ein oder zwei neue Vorstände für ANregiomed suchen. Alles also zurück auf den Stand von Anfang Januar.

Nur die Schulden, für die am Ende Steuerzahler gerade stehen müssen, werden immer mehr. Zum Jahreswechsel beliefen sich die Verbindlichkeiten von ANregiomed einem Sprecher zufolge auf gut 113,1 Millionen Euro. Seitdem kamen internen Unterlagen zufolge gut fünf Millionen Euro Defizit aus dem laufenden Betrieb hinzu. Allein die Personalkosten liegen 1,1 Millionen Euro über Plan.

Mangels Sanierungskonzept, geht die Flickschusterei munter weiter. Der Vertrag des kommissarischen ANregiomed-Chefs Jörg Reinhardt, der am 31. Juli endet, soll um ein paar Monate verlängert werden. Ihm soll ein Unternehmensberater zur Seite gestellt werden. Nun muss man wissen, Berater gab es schon viele seit der ANregiomed-Gründung 2013. Ohne, dass die Lage besser wurde. In seiner Not und Ratlosigkeit kramt der Verwaltungsrat nun einen Vorschlag heraus, der seit Monaten im Raum steht, bislang aber nicht wirklich verfolgt wurde: Die Zusammenarbeit von ANregiomed mit den mittelfränkischen Bezirkskliniken oder der Diakonie Neuendettelsau, die bereits Krankenhäuser im Raum Ansbach betreibt.

Das alles ist diffus und reichlich unkonkret, doch niemand, am wenigsten Landrat und Verwaltungsratschef Jürgen Ludwig (CSU), scheint auch nur ansatzweise einen Plan zu haben, wie ANregiomed gerettet werden könnte. Und um nicht weniger geht es, denn der Verbund der kommunalen Krankenhäuser Ansbach, Rothenburg und Dinkelsbühl, sowie einer Tagesklinik in Feuchtwangen, mehrerer Ärztehäuser und Pflegeschulen kämpft ums nackte Überleben. In internen Unterlagen ist außer von horrenden Defiziten auch von einem aktuellen Liquiditätsengpass die Rede. 2017 erwartet ANregiomed 10,8 Millionen Euro Miese.

Von der Sana AG oder einem anderen externen Geschäftsbesorger hatte man sich erhofft, dass dieser einen distanzierten Blick auf die Strukturen und Vorgänge in dem Klinikverbund wirft und notwendige Korrekturen einleitet. Davon ist man angesichts der neuesten Entwicklung jedoch entfernter denn je. Kurios ist dabei, dass selbst Politiker wie der Dinkelsbühler Oberbürgermeister Christoph Hammer (CSU), die bis vor wenigen Tagen noch lautstark eine europaweite Ausschreibung befürwortet hatten, im Verwaltungsrat überraschend doch dagegen stimmten.

"Es ist ein einziges großes Durcheinander", beklagt ein Verwaltungsratsmitglied. "Wir haben uns völlig verfahren und blockieren uns selber." Auch der Ausgang der geplanten Gespräche mit dem Bezirk Mittelfranken und der Diakonie Neuendettelsau ist völlig ungewiss. Der evangelische Sozialkonzern könnte sich dem Vernehmen nach eine Fusion mit ANregiomed zwar grundsätzlich vorstellen. Allerdings nur zu seinen Bedingungen, was wiederum Ansbacher Kommunalpolitikern nicht passt. Sie fürchten um ihren Einfluss. So grassiert etwa in Dinkelsbühl und Feuchtwangen die Angst vor drastischen Einschnitten. Und beim Bezirk gibt es warnende Stimmen, man möge sich nicht ohne Not einen schwerkranken Patienten wie ANregiomed ans Bein binden.

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Quelle:
SZ vom 29.05.2017
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