Süddeutsche Zeitung

Islamfeindlichkeit:AfD plant Volksbegehren gegen Minarette

Lesezeit: 2 min

Von Johann Osel, München/Abensberg

Die bayerische AfD plant ein Volksbegehren gegen den Bau von Moscheen mit Minarett. Für ihre Veranstaltung beim Gillamoos-Volksfest in Abensberg vergangene Woche hatten die Rechtspopulisten eine neue politische "Initiative" für den Freistaat angekündigt; damit war das Volksbegehren gemeint, wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr. Kurzfristig hatte man jedoch entschieden, die Gäste doch noch nicht jetzt auf die Unterschriftensammlung einzuschwören. Das Projekt würde, so die Sorge, im Wahlkampf untergehen. Offenbar soll das Volksbegehren angegangen werden, sobald sich der neue Landtag konstituiert hat. Ob das Ansinnen überhaupt verfassungsgemäß ist, bleibt fraglich.

Mit dem Vorstoß würde die AfD zwei Punkte ihres Programms mit Leben füllen. Islamophobie zieht sich wie ein roter Faden durch den Wahlkampf. "Der Bau von Minaretten, die ohne jede Ausnahme ein Symbol des islamischen Herrschaftsanspruchs darstellen, ist zu unterbinden", heißt es im Programm. Zudem fordert man "uneingeschränkte Volkssouveränität", mit Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild. In einem Volksbegehren wäre das zumindest im Ansatz umgesetzt. Den Verweis auf das Nachbarland hört man in der AfD ständig. Eine 2009 erfolgreiche Anti-Minarett-Initiative in der Schweiz war allerdings ohne inhaltliche Hürden möglich, wenngleich sie die Religionsfreiheit beschneidet. Inwiefern der Mehrheitswille mit Minderheitenrechten in Einklang zu bringen ist, löst in der Schweiz oft Debatten aus.

In Bayern würde ein Volksbegehren samt Unterschriften, dessen Verfassungsmäßigkeit das Innenministerium bezweifelt, beim Verfassungsgerichtshof landen. Dieser dürfte eine Initiative, die mit der "Islamisierung des öffentlichen Raums" argumentiert, sicher ablehnen. Sollte die AfD die "Störung des Ortsbildes" aufführen, wie es in Österreich nach 2009 rechtspopulistische Politiker versuchten, ist das ebenfalls wenig aussichtsreich - würde dies ja für Kirchtürme gleichermaßen gelten. Denkbar ist, dass die AfD gezielt die Finanzierung von Moscheebauten durch ausländische Staaten unterbinden will. Konkret wäre das hierzulande der Ditib-Verband, der unter dem Einfluss der türkischen Religionsbehörde steht. Details dazu teilte die AfD auf Anfrage zunächst nicht mit.

Auftrieb gibt der Partei das Beispiel Kaufbeuren. In einem Bürgerentscheid hatte sich die Mehrheit der Wähler dort kürzlich dafür ausgesprochen, dass die islamische Gemeinde nicht auf kommunalem Grund eine Moschee bauen darf. Sie sucht sich nun allerdings wohl ein privates Areal. Seither reklamiert die AfD das Votum für sich. Das Video einer SPD-Stadträtin, der am Wahlabend die Tränen kamen, rief auf AfD-Kanälen viel Häme und Beleidigungen hervor. In Regensburg hat die AfD im März zu Protesten gegen eine neue Moschee aufgerufen. Die Vize-Landesvorsitzende Katrin Ebner-Steiner sagte da, sie wolle "dafür sorgen, dass Bayern nicht zu einer islamistischen Dönerbude verkommt". Landeschef Martin Sichert nahm auf dem Gillamoos in seiner Rede Bezug auf das Volksbegehren. Zu den Bürgern gehöre die Macht, auch "wenn das böse Volk dann anders entscheidet als die Politiker".

Selbst wenn das Begehren wegen Verfassungswidrigkeit scheitert, hätte die AfD Vorteile. Einerseits prägt sie damit die öffentliche Debatte; andererseits hat sie nach der Wahl schnell einen Arbeitsnachweis. Von den laut Umfragen künftigen Abgeordneten hat fast keiner Politikerfahrung, kundiges Personal dürfte mühsam zu finden sein. Mit dem Volksbegehren würde man ein Thema setzen, obwohl die Fraktion kaum handlungsfähig ist. Gleichwohl, hört man in der AfD, prüfen Kandidaten, welche CSU-Abgeordneten ihr Mandat verlieren könnten - um unter deren Büroleitungen und Mitarbeitern "zu plündern".

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Quelle:
SZ vom 12.09.2018
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