Süddeutsche Zeitung

Volkswagen:Konzern präsentiert neuen Passat

Lesezeit: 3 min

Er gehört zu den meistverkauften Wagen der Welt und gilt bisher als Fahrzeug der Mittelschicht. Jetzt präsentiert der Konzern die achte Generation des Bestsellers. Sie soll billiger in der Produktion und trotzdem exklusiver werden.

Von Kristina Läsker, Hamburg

Sie nennen sie die "grüne Halle". Im Volkswagen-Werk in Emden haben sie eine Produktion gebaut, die auf gut 5000 Pfählen steht. Daran ist das Meer schuld: Das Werk steht nahe der Nordsee; der einstige Wattboden könnte den Bau sonst nicht tragen.

Doch was nach Venedig anmutet und sehr praktisch klingt, ist kühne Umwelttechnologie: In den Pfählen laufen Leitungen. Durch sie wird kaltes Wasser aus der Erde zu den 800 Produktionsroboter gepumpt, um diese zu kühlen. Die Abwärme wiederum heizt die Halle. Seit kurzem laufen diese Energie-Pfähle auf Hochtouren, doch anschauen dürfen das nur wenige. Denn in der Öko-Halle produziert VW ein gut gehütetes Geheimnis: die Karosserie des neuen Passat - dem jüngsten Hoffnungsträger von Volkswagen.

Konzernchef Martin Winterkorn, der stolz darauf ist, dass die Marke VW im ersten Halbjahr erstmals mehr als drei Millionen Mal ausgeliefert wird, enthüllte am Donnerstagabend die achte Generation des Passat. Dieser sei ein Auto mit "Premium-Anspruch", mit ihm beginne "eine neue Ära der Mittelklasse". Hunderte Gäste waren ins Volkswagen Design Center in Potsdam eingeladen, und der Auftrieb kam nicht von ungefähr. Denn der Passat ist nicht irgendeines der 280 Modelle von VW: Neben Golf und Käfer ist der Passat ein Bestseller im Wolfsburger Autoreich, und einer der meist verkauften Wagen der Welt. Mehr als 22 Millionen Passat hat VW schon ausgeliefert. Der vom Architekten Giorgio Giugaro entworfene Wagen wird seit 1973 verkauft, seit mehr als 40 Jahren. In Deutschland liebt vor allem die Mittelschicht das Fahrzeug. Es ist zwar nicht cool, aber praktisch.

Auch anderswo schätzen sie den Wagen. In China gehört er zu den beliebtesten Autos. Mit der Variante Santana legte der Konzern vor fast drei Jahrzehnten den Grundstein für den riesigen Erfolg in der Volksrepublik. In Großstädten wie Shanghai prägte VW sogar das Straßenbild, weil ein Großteil der Taxiflotte aus dem Santana bestand.

Umso erstaunlicher ist es, dass VW das langjährige Brot-und-Butter-Auto für die Mittelklasse nun zu einem Wagen für die "Business-Class" machen will.

Der neue Passat verfügt über allerlei Assistenzsysteme und Innovationen - er ist auch als Plug-in-Hybrid erhältlich. Solche Wagen kombinieren Verbrennungs- und Elektromotor. Mit all dem will Volkswagen den deutschen Rivalen BMW und Mercedes Kunden aus der Oberklasse abjagen. Der Passat soll auch für Top-Manager und andere Vielverdiener attraktiv werden und mit flotteren Autos wie dem BMW 3er und der C-Klasse konkurrieren.

Für Mittelklasse-Wagen wird es eng, deshalb positioniert auch VW den Passat höher

VW tut das nicht von ungefähr: Für Mittelklasse-Wagen wird es eng, es gibt viele Rivalen: So führt Ford unter dem Namen "Vignale" eine Premium-Version ein. Den Anfang einer neuen Serie des US-Konzerns soll der Mittelklassewagen Mondeo machen - ein direkter Konkurrent des Passat. Opel zielt mit dem Insignia auf die gleichen Kunden. Auch Hyundai feiert mit dem i40 Erfolge. "Um nicht zwischen den Konkurrenten zerrieben zu werden, muss VW den Passat höher positionieren", sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Den Erfolg für den Passat soll der neue Modulare Querbaukasten garantieren. Mit diesem Produktionssystem will VW auch mit Massenautos mehr Geld verdienen. Wie das geht, ist in der grünen Halle in Emden zu sehen. Gut eine Milliarde Euro investiert VW über fünf Jahre in Ostfriesland, damit wird auch das neue System für Autos mit quer eingebautem Motor finanziert: Dabei sind die Achsen und die Einheit aus Motor und Getriebe so ausgelegt, dass sie nicht nur für einen Autotypen passen, sondern für mehrere Modelle verschiedener Marken.

Ob Golf, Audi A3, Škoda Octavia oder Passat: 2016 will VW vier Millionen Autos aus dem Modularen Querbaukasten bauen. Durch die hohe Zahl von Gleichteilen sinken die Stückkosten: Die Gesamtkosten sollen um ein Fünftel schrumpfen.

VW will das Ersparte beim Passat in Innovationen stecken - und auch mehr Rendite erzielen. Für die Kunden soll sich am Preis deshalb nur wenig ändern: Im Herbst soll der Passat in den Handel kommen. Der Grundpreis soll fast unverändert bei gut 26 000 Euro liegen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2029369
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.07.2014
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.