Süddeutsche Zeitung

Gigaliner auf Deutschlands Straßen:Die Riesenlaster kommen

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400 Gigaliner dürfen in Deutschland auf die Straße. In einem Feldversuch sollen die bis zu 25 Meter langen Laster während der kommenden fünf Jahre in sieben Bundesländern getestet werden. Speditionen versprechen sich von den Riesenlastern eine Entlastung des Güterverkehrs. Die Opposition fürchtet, die Gigaliner könnten die Straßen zerstören.

Michael Bauchmüller

Auf deutschen Straßen dürfen vom kommenden Jahr an überlange Lastwagen fahren. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch eine entsprechende Verordnung des Bundesverkehrsministeriums. Danach soll in einem Feldversuch in den nächsten fünf Jahren geklärt werden, ob die bis zu 25,25 Meter langen Lastwagen eine Entlastung für den wachsenden Güterverkehr bringen. Die Opposition und Bahnverbände kritisierten die Pläne scharf. Die SPD prüft eine Klage.

Die sogenannten Gigaliner sind in der Bundesrepublik seit Jahren umstritten. Vor allem das Speditionsgewerbe tritt dafür ein, die Firmen versprechen sich davon einen effizienteren Güterverkehr. Durch ihre Überlänge können die neuen Lastwagen mehr laden, entsprechend sind für dieselben Mengen weniger Transporter nötig.

Auch die Koalition wirbt damit. "Dort, wo bisher noch drei Lkw unterwegs sind, könnten es zukünftig nur noch zwei Lang-Lkw sein", sagte der FDP-Verkehrspolitiker Patrick Döring. Dagegen warnen die Gegner, dadurch werde der Gütertransport auf der Schiene weniger attraktiv.

"Für die Bahn ist das brandgefährlich", sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. Ein ökologisch sinnvoller Verkehrsträger werde so zunehmend geschwächt.

Allerdings dürfen auch mit der neuen Verordnung die Gigaliner von Januar an zunächst nur auf einer überschaubaren Zahl von Strecken fahren. So nehmen nur die Länder Bayern, Sachsen, Thüringen, Hessen, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein an dem Feldversuch teil, und auch dort sind nur bestimmte Streckenabschnitte freigegeben, etwa auf 64 Autobahnen und Dutzenden Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Auch die Autohöfe, die von Lang-Lastwagen jenseits der Autobahnen angefahren werden dürfen, sind festgelegt.

Weil überholende Autofahrer nicht wissen können, ob sie einen herkömmlichen, 16,5 Meter langen Laster überholen oder einen wesentlich längeren, müssen die Lastwagen mit dem Schild "Lang-Lkw" gekennzeichnet werden. In der Vergangenheit waren Befürchtungen laut geworden, das Überholen könne durch die Überlänge riskanter werden. Das Gesamtgewicht der Lastwagen darf nicht höher sein als bei den herkömmlichen Modellen, sprich: 44 Tonnen.

Zudem dürfen im Rahmen der "Ausnahmeverordnung" auch 17,8 Meter lange Sattelzüge durchs Land rollen - und zwar auf allen Straßen. "Diese Fahrzeuge können in den teilnehmenden Ländern flächendeckend eingesetzt werden", heißt es in der Verordnung. Bauliche Hindernisse, etwa zu enge Kreisverkehre, gebe es dafür nicht. An dem Versuch, der auf fünf Jahre befristet ist, sollen 400 Fahrzeuge teilnehmen.

Die Opposition übte Kritik an dem Gesetz. "Das Straßennetz wird noch mehr belastet und stärker verschlissen", warnte die Grünen-Politikerin Valerie Wilms. "Der Steuerzahler wird die Schäden zu zahlen haben." SPD-Fraktionsvize Florian Pronold kündigte an, seine Fraktion werde eine Klage prüfen. "Gigaliner gehören nicht auf unsere Straßen."

Juristen hatten angezweifelt, ob der Bund die Verordnung ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen darf. Die Bundesregierung sieht das anders. Verkehrsminister Peter Ramsauer sagte: "Jedes Land ist eingeladen mitzumachen."

Wenn Sie wissen wollen, ob demnächst einer der Gigaliner in Ihrer Gegend fahren darf - eine genaue Übersicht über die festgelegten Straßen finden Sie unter: http://www.sueddeutsche.de/gigaliner

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Quelle:
SZ vom 10.11.2011
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