Süddeutsche Zeitung

Hybrid-Autos im Test:Schön oder schön praktisch

Lesezeit: 3 min

Der Fiat 500 gilt als Lifestyle-Liebling, der Fiat Panda als rustikales Alltagsauto. Eigentlich zwei Eigenschaften, die nicht vereinbar sind. Im direkten Vergleich gibt es trotzdem einen klaren Sieger.

Von Felix Reek

"Gehört dir das schöne Auto da draußen?", fragt die Schwiegermutter. "Der ist aber wirklich toll!", jubeln die Kinder. Die eigene Frau blickt ganz verzückt. Nur, um welches Wunderfahrzeug handelt es sich, das die Emotionen der Familie in den folgenden Tagen derart überschäumen lässt? Ein Ferrari? Der neue Porsche 911? Nein, es ist ein Mini-Autochen, gerade einmal dreieinhalb Meter lang. Ein Fiat 500, in schicker Pastellfarbe mit Faltdach. So kennt man ihn seit seiner Neuauflage 2007, rein optisch hat sich seitdem nicht viel getan. Neu ist nur der Hybridmotor, den es seit einigen Monaten bei diesem Modell gibt und der die Käufer auf den reinen Elektro-Cinquecento im Herbst vorbereiten soll.

Und ja, man muss zugeben: Der Fiat 500 hat etwas. Etwas, das vielen modernen Autos heute abgeht: Charme. Ganz ohne Raubtieroptik steht er da, muss niemandem beweisen, dass er der Schnellste auf der Autobahn ist. Wieso auch, am Ende kommen wir alle ans Ziel. Die einen zehn Minuten schneller, einem Herzinfarkt nah, die anderen etwas gemächlicher, dafür mit einem Grinsen im Gesicht. Denn genau das löst der Fiat 500 jedes Mal aus, wenn der Blick auf ihn fällt. Sowohl außen als auch innen, wo sich das modernisierte Fünfzigerjahre-Design nahtlos fortsetzt. Es gibt lackierte Metallflächen, die Sitze sind zweifarbig, der Tacho kreisrund, so wie eigentlich alles im Fiat 500. Die Chromdetails fühlen sich zwar eher nach Kunststoff an, doch die Verarbeitung des Innenraumes ist gut. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Klasse. Bemängeln könnte man höchstens den "Menu"-Schalter am Lenkrad, dessen halber Schriftzug von der Verkleidung verdeckt wird. Die Sitze geben einigermaßen Halt, Platz ist ausreichend vorhanden, selbst wenn zwei Kindersitze auf der Rückbank stehen. Nur der Kofferraum ist mit seinen 182 Litern eher ein großes Handschuhfach.

Dafür fährt sich der Fiat 500 in der Hybrid-Variante umso besser. Die Gänge liegen exakt an (ein Automatikgetriebe gibt es nicht), die 70 PS, die der Einliter-Benziner mit drei Zylindern leistet, reichen in den meisten Situationen. Nur auf der Autobahn wird es jenseits der 100 km/h etwas zäh, das Gokart-Fahrgefühl ist aufgrund des kurzen Radstandes eher ein Nachteil, weil der Fiat 500 in diesen Momenten arg schaukelt. Von einem Elektro-Boost ist trotz Hybrid-Motor nichts zu merken. Die Batterie ist mit 11 Ah winzig, das Elektroaggregat gerade einmal 3,6 kW stark, rein elektrisch fahren lässt sich der Fiat 500 nicht. Im Tacho-Display weist das Auto stattdessen mit kleinen Animationen darauf hin, unter 30 km/h auszukuppeln. Der Motor geht automatisch aus und der Fiat 500 wechselt in den spritsparenden Segelmodus. Zumindest in der Theorie. 3,9 Liter Benzin im Schnitt gibt der Hersteller an, 5,4 Liter sind es in unserem Test - ein ernüchternder Wert angesichts des geringen Gewichts von unter einer Tonne. Der Vorgänger mit 69 PS ohne Elektro-Unterstützung verbrauchte im Realbetrieb auch nicht viel mehr als fünf Liter Benzin. Wer also noch mit dem Konzept aus kombiniertem konventionellen Aggregat und Elektromotor hadert, wird in seinen Zweifeln bestätigt. Stünde beim Fiat 500 nicht "Hybrid" auf dem Heck, würde es dem Fahrer gar nicht auffallen.

Panda auf Offroad-Themenparty

Das lässt sich nahtlos auf das Schwestermodell übertragen, die Hybrid-Variante des Pandas. Ihn gibt es mit dem gleichen Motor, allerdings nur in der "City Cross"-Version, eine Art SUV-isierung des eigentlichen Modells. Etwas höher gelegen, mit Seitenplanken, als habe sich der Fiat für eine Offroad-Themenparty verkleidet. Ein seltsam anzusehendes Resultat des SUV-Booms. Die Reaktionen der Familie bleiben deshalb überschaubar. Den Kindern entfährt nur ein: "Schöne Farbe!" zu dem blassblauen Testwagen.

Der Preisunterschied zwischen beiden Modellen ist gering. Der Fiat 500 Hybrid kostet mindestens 13 990 Euro, der Panda mit Mini-Elektromotor ist 500 Euro billiger. Wobei es "billiger" ziemlich genau trifft. Beim Panda ist nicht nur das Design hemdsärmeliger. Im Innenraum herrscht Hartschalenplastik rustikal. Das wirkt deutlich weniger wertig als im Fiat 500. Die Sitze bieten kaum Halt, die Schaltung ist hakeliger, das ganze Auto fährt sich trotz des gleichen Motors wesentlich ruppiger, der Verbrauch ist mit 6,7 Litern im Testschnitt höher. Selbst die schrillen Piepser der Parkhilfe klingen billiger - wie ein Tamagotchi in Not. Höhepunkt dieser Tiefpunkte ist das "Entertainment-System": eine Handyhalterung unter der Windschutzscheibe. Ein Display mit Navigation gibt es selbst gegen Aufpreis nicht, stattdessen blinkt dem Fahrer ein Standard-Radio aus den Achtzigerjahren mit schwarzen Taschenrechner-Ziffern entgegen. Das alles wohlgemerkt zu fast demselben Preis wie die Einstiegsversion des Fiat 500 Hybrid.

Aber natürlich besitzt der robuste Panda Vorteile gegenüber dem Schönling. Der Fiat 500 ist eigentlich ein Zweisitzer, auf der Rückbank flätzen nur Kinder halbwegs bequem. Der Panda besitzt vier Türen, was den Einstieg auf die hintere Reihe deutlich erleichtert. Dort können Erwachsene Platz nehmen, ohne sich wie in einer Kartoffelpresse zu fühlen. Der Kofferraum verdient mit 225 Litern zumindest seinen Namen. Hier ist auch ein Wochenendeinkauf möglich. Das war es dann aber auch schon.

Die Frage, ob 500 oder Panda ist also eher eine Entscheidung zwischen Herz und Verstand. Der Cinquecento ist schöner, besser verarbeitet, moderner und macht mehr Spaß. Der Panda nützlicher, aber eher so etwas wie die Dacia-Variante des Cinquencento. Quadratisch, praktisch, aber gar nicht mal so gut. Bei ihm ist es egal, ob die Kinder mit den schlammverschmierten Gummistiefeln gegen den Fahrersitz treten. Oder eine Milchschnitte über das Interieur ziehen. Dafür werden sie aber auch nie sagen: "Das ist wirklich ein tolles Auto!" Das gelingt nur dem Fiat 500.

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