Süddeutsche Zeitung

Umweltschutz:Nur noch 13 Prozent der Weltmeere sind unberührt

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Unendliches Blau bis zum Horizont: Die Ozeane erscheinen vielen als geheimnisvolle und vom Menschen unberührte Weite. Tatsächlich aber können gerade einmal 13 Prozent der Weltmeere noch als Wildnis bezeichnet werden. Das ist das Ergebnis einer Studie, vorgestellt im Fachmagazin Current Biology. Marine Wildnis finde sich demnach hauptsächlich noch in der Arktis und der Antarktis sowie um abgelegene pazifische Überseegebiete wie Französisch-Polynesien.

Als Wildnis werden Gebiete bezeichnet, die vom Menschen komplett oder so gut wie unberührt sind. Ein Team um den Umweltbiologen Kendall Jones von der australischen University of Queensland und der Wildlife Conservation Society (WCS) hat nun Eingriffe in das Ökosystem Ozean erforscht.

"Wir waren überrascht, wie wenig Meereswildnis noch übrig ist"

Für ihre Kartierung der Weltmeere bestimmten die Wissenschaftler 19 menschengemachte Stressfaktoren. Zu diesen gehörten etwa die kommerzielle Schifffahrt, der Einsatz von Düngemitteln sowie verschiedene Arten der Fischerei mit all ihren Folgen. Die Forscher identifizierten Gebiete, die nur sehr geringem menschlichen Einfluss ausgesetzt waren. Den Klimawandel klammerten sie zunächst als Faktor aus. Sonst, so schreiben die Wissenschaftler, hätten sie gar keine maritime Wildnis mehr gefunden.

Danach verglichen die Biologen 16 ozeanische Gebiete, um die jeweiligen Auswirkungen verschiedener Stressfaktoren zu überprüfen. Sie fanden große Unterschiede. So blieben etwa im warmen Indopazifik lediglich 16 Millionen Quadratkilometer maritime Wildnis - 8,6 Prozent des Ozeans. Im gemäßigten südlichen Afrika seien es gar nur 2 000 Quadratkilometer. Das entspricht gerade einmal einem Prozent des Ozeans. "Wir waren überrascht, wie wenig Meereswildnis noch übrig ist", sagt Hauptautor Kendall Jones. "Die Ozeane sind gewaltig und bedecken mehr als 70 Prozent unseres Planeten, aber wir haben es geschafft, fast das gesamte Ökosystem zu beeinflussen."

"Derartige Untersuchungen mit globalem Anspruch haben immer ein Datenproblem", sagt Thomas Brey, Ökologe am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, der nicht an der Studie beteiligt war. So sei die Datenlage für verschiedene Regionen unterschiedlich umfassend, so dass Lücken für die Analyse entstünden. Dennoch: "Die Studie mag nicht exakt sein, aber ihre Aussage stimmt." Derartige Arbeiten seien gut für einen nachhaltigen Schutz der Meereswildniss. Dieser funktioniere aber nicht ohne politischen Willen.

Umso wichtiger, so das Fazit der Wissenschaftler, seien internationale Umweltabkommen, um den einzigartigen Wert der Meereswildnisse anzuerkennen und Ziele für ihren Erhalt zu setzen. "Wir wissen, dass diese Gebiete in katastrophalem Maße schrumpfen, entsprechend muss ihr Schutz ein Schwerpunkt multilateraler Umweltabkommen werden", fordert Co-Autor James Watson, Wissenschaftsdirektor der WCS und Biologe an der Universität Queensland. Er warnt: "Passiert das nicht, werden diese Wildnisse wahrscheinlich innerhalb von 50 Jahren verschwunden sein."

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