Süddeutsche Zeitung

Verhaltensbiologie:Massaker im Aquarium

Es kann nur ein Paar geben: Putzergarnelen richten wahre Gemetzel unter ihren Artgenossen an. Sie töten alle Rivalen, bis nur ein Pärchen übrig bleibt.

Sebastian Herrmann

Die Fassade der Indopazifischen Weißband-Putzergarnele steht: Scheinbar führen die Tiere ein Leben in Frieden und Harmonie. Die Garnelen helfen Fischen, indem sie ihnen Parasiten und tote Hautfetzen vom Leib fressen. Im privaten Bereich leben die Tiere mit dem lateinischen Namen Lysmata amboinensis in monogamen Zweierbeziehungen.

Doch wie immer, wenn von einer Fassade die Rede ist, verstecken sich dunkle Abgründe hinter dem vermeintlich untadeligen Leben der Putzergarnelen. In aller Kürze: Die zweigeschlechtlichen Tiere begehen wahre Gemetzel unter Artgenossen. Das berichten Biologen um Janine Wong und Nico Michiels von der Universität Tübingen (Frontiers in Zoology, online).

Die Wissenschaftler untersuchten die Tiere in mehreren Aquarien. Die einzelnen Individuen hatten eine vergleichbare Körpergröße und verfügten über uneingeschränkten Zugang zu Nahrung - so sollte die Konkurrenz in den verschiedenen Gruppen möglichst reduziert werden.

Doch nach 42 Tagen stellten die Biologen fest, dass in allen Gruppen, die aus mehr als zwei Tieren bestanden, eines oder mehrere von den anderen umgebracht worden waren. Das Vorgehen der Putzergarnelen war dabei heimtückisch: Die Mörder schlugen in der Nacht zu und zwar dann, wenn die Opfer sich gerade gehäutet hatten und sie wegen des noch weichen, neuen Panzers besonders verletzlich waren.

Und wozu das Gemetzel? Rotten die Tiere sich nicht gegenseitig aus? Nein, aber unter Shrimps, die Parasiten von Fischen fressen, sei der Wettbewerb um Nahrung besonders hart, sagt Wong.

Die Zahl der Individuen zu reduzieren, sei also ein Überlebensvorteil, zumal gut genährte Shrimps größer werden und die Körpergröße über die Anzahl der Nachkommen bestimme.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2011
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