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Umweltverschmutzung:Datenbank der Gefahren

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Die Deutschen können Dreckschleudern in der Nachbarschaft künftig leichter erkennen. Das Umweltbundesamt stellt ein Schadstoff-Register der Unternehmen ins Internet.

M. Bauchmüller

Bürger können ab sofort im Internet nachsehen, ob Firmen in ihrer Nachbarschaft im Übermaß giftige Stoffe ausstoßen. Das Umweltbundesamt hat am Mittwoch eine entsprechende Datenbank im Internet freigeschaltet. In ihr sind 4000 Unternehmen enthalten, die ihren Ausstoß von Schadstoffen an das Umweltbundesamt (UBA) gemeldet haben.

Detailliert zeigt die Datenbank, welche Mengen welcher Schadstoffe anfielen, ob sie beabsichtigt oder versehentlich freigesetzt wurden, ob Abfälle im Ausland entsorgt wurden. "Das ist ein neuer Weg der Umweltinformation", sagte Thomas Holzmann, Vize-Präsident des Umweltbundesamtes, am Mittwoch in Berlin. "Mündige Bürger müssen in der Lage sein, sich zu artikulieren." Dazu müssten sie aber auch mit guten Informationen ausgestattet sein.

Die Internetseite soll das so leicht wie möglich machen. Bürger können dort anhand von Landkarten suchen, aber auch mit Firmen- und Ortsnamen. Das System, dessen Abkürzung PRTR lautet, zeigt dann kostenlos alle Unternehmen in der Nähe an. Weil die Behörde nur die wichtigsten und riskantesten Schadstoffe registriert, bleibt die Auflistung vergleichsweise übersichtlich. Zugleich können die Firmen ihrerseits die Daten nun leichter im Internet an das Umweltbundesamt übermitteln; das soll den Bürokratie-Aufwand mindern. Länderbehörden prüfen die Angaben der Betriebe stichprobenartig nach.

Die Unternehmen müssen die Schadstoffe schon seit 2008 den Behörden melden, europaweit. Bisher allerdings blieben die Angaben unter Verschluss. Schritt für Schritt wollen auch die anderen EU-Staaten ihre Daten veröffentlichen.

Frühestens im September soll dies der Fall sein. Dann lassen sich die Werte vergleichbarer Firmen europaweit vergleichen. Experten des Umweltbundesamtes gehen davon aus, dass damit auch der relativ gute Standard der deutschen Industrie sichtbar wird: Anlagen zur Rauchgasentschwefelung etwa sind noch nicht überall in Europa verbreitet; der Umgang mit Schadstoffen ist mancherorts etwas laxer.

Das deutsche Internet-Angebot könnte in den kommenden Jahren noch erweitert werden. "Das ist ein lebendes System", sagte UBA-Vize Holzmann. "Wir werden noch weitere Daten zur Verfügung stellen." Die neue Offenheit solle den Bürgern auch die Chance geben, auf ein Unternehmen zuzugehen, wenn sie mit dessen Umweltlasten nicht einverstanden sind. Außerdem wird es für Bürger leichter, gegen Dreckschleudern in ihrer Nachbarschaft zu klagen. "Wir wollen aber nicht, dass das Angebot eine neue Klagewelle auslöst", sagte Umwelt-Staatssekretär Michael Müller (SPD), "sondern eher einen Wettbewerb um umweltverträgliches Verhalten."

Homepage: www.prtr.bund.de

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SZ vom 04.06.2009/beu
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