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Umwelt:Kranker Planet, kranker Mensch

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Ein UN-Umweltbericht zieht eine enorm düstere Bilanz: In Zukunft werden jedes Jahr Millionen Menschen vorzeitig sterben, weil die Ökosysteme rasant kaputtgehen.

Um die Umwelt des Planeten steht es einem UN-Bericht zufolge so schlecht, dass die Gesundheit der Menschen zunehmend bedroht wird. "Entweder wir verbessern den Umweltschutz drastisch, oder Millionen von Menschen werden in Städten und Regionen in Asien, dem Nahen Osten und in Afrika bis Mitte des Jahrhunderts vorzeitig sterben", heißt es in einer Studie der Vereinten Nationen, dem sechsten "Global Environment Outlook". An dem Bericht waren 250 Wissenschaftler und Experten aus mehr als 70 Ländern beteiligt, es ist der ausführlichste UN-Umweltbericht seit fast sieben Jahren. Etwa ein Viertel der Krankheits- und Todesfälle, neun Millionen Todesfälle allein 2015, sind demnach auf Umweltverschmutzung zurückzuführen.

Der Bericht steht unter dem Motto "Healthy Planet, Healthy People", wobei das eine sehr positive Formulierung ist - tatsächlich geht es eher darum, wie sehr ein kranker, verschmutzter Planet auch der Gesundheit der Menschen schadet. Er befasst sich mit Atmosphäre, Artenvielfalt, Trinkwasser, Ozeanen und Landflächen, wobei die ersten beiden Bereiche nach Auffassung der Autoren am schwersten betroffen sind: Luftverschmutzung und Treibhausgase führten unter den Umweltschäden weltweit zu den meisten Todesfällen, Krankheiten und Fluchtbewegungen. Der Zustand der Artenvielfalt wird sogar noch schlechter bewertet, die Folgen für die Menschen seien aber bislang geringer.

Auch wegen verschmutzten Wassers verbreiten sich immer mehr Antibiotika-Resistenzen

Die vorzeitigen Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung beziffert der Bericht auf zwischen sechs und sieben Millionen Menschen jährlich weltweit. Zwar sei einiges besser geworden, etwa durch die internationale Ächtung mancher Chemikalien oder durch Luftreinhalte-Vorschriften in Industrieländern. Diese Fortschritte würden aber durch noch größere Verschlechterungen in anderen Bereichen zunichtegemacht, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern und in schnell wachsenden Städten. Auch der Ausstoß von Treibhausgasen nimmt weiter zu. Immerhin: Zwischen 1998 und 2010 habe sich die Zahl der nationalen Klimagesetze verfünffacht.

Was die Artenvielfalt angeht, zeichnet der Bericht ein ähnlich düsteres Bild: Je nach Lebensraum seien zwischen 25 und 42 Prozent der Wirbellosen-Arten, zu denen auch Insekten gehören, vom Aussterben bedroht. Der Rückgang der genetischen Vielfalt gefährde sowohl die Nahrungsmittelproduktion als auch die Versorgung mit Medikamenten. Jedes Jahr gelangten zudem rund acht Millionen Tonnen Kunststoff in die Meere. Auch seien Ozeane von Erwärmung, Versauerung und Überfischung geplagt, dabei seien 3,1 Milliarden Menschen weltweit für ihre Proteinversorgung auf Fisch angewiesen.

Die Frischwasserqualität habe sich in den meisten Regionen seit 1990 verschlechtert. Zudem verbreiteten sich Antibiotika-Resistenzen aus Landwirtschaft, Aquakultur und Abwasser über Wasserwege. Wenn nichts unternommen werde, könnten gegen Antibiotika resistente Keime bis 2050 zu vielen Todesfällen aufgrund von Infektionskrankheiten führen. Um dies zu vermeiden, müssten günstige Technologien zur Abwasserreinigung viel mehr Menschen erreichen. Immerhin: Zwischen den Jahren 2000 und 2015 hätten 1,5 Milliarden Menschen erstmals Zugang zu einer modernen Trinkwasserversorgung erhalten, das ist ein enormer Fortschritt.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse seien eindeutig, sagte die Leiterin des UN-Umweltprogramms, Joyce Msuya: "Die Gesundheit und der Wohlstand der Menschheit sind direkt mit dem Zustand unserer Umwelt verbunden." Die Politik müsse sich nun für einen neuen Weg der nachhaltigen Entwicklung entscheiden.

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SZ vom 14.03.2019 / SZ
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