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Biohybrid:Der Roboter, der mit Taubenfedern fliegt

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Auf den ersten Blick ist der fliegende Roboter kaum von einer Taube zu unterscheiden. Erst wenn man genauer hinschaut, erkennt man den Propeller, der das Flugobjekt in einem Video der Standford University antreibt.

Den Flugroboter mit echten Taubenfedern haben Ingenieure um David Lentink zusammengebaut. Es gelang ihnen sogar, das Gerät namens PigeonBot mit Hilfe von künstlichen Gelenken zu steuern. Die Forscher kombinierten dabei biologische Erkenntnisse und Ingenieurswissen. Wie sie dabei vorhingen, berichten die Konstrukteure in zwei Fachartikeln in den Journalen Science Robotics und Science.

Als promovierter Biologe mit einem Ingenieurstudium versuchte Lentink, insbesondere die Steuerung des Gleitflugs durch Tauben auf ein Fluggerät zu übertragen. Das Team untersuchte dazu zunächst Flügel toter Tauben und versuchte dann, sie so gut wie möglich nachzubauen. Biologen betrachten die Vogelflügel als eine Art Hand und sprechen daher auch von Handgelenk und Fingern.

Die Wissenschaftler fanden anhand der Flügel toter Tauben und ihrer Modellierung im Computer unter anderem heraus, dass die Winkel von nur zwei Gelenken 97 Prozent der gesamten Flügelform erklären können: das sogenannte Handgelenk und das Gelenk des Fingers, mit dem die äußeren Flügelfedern verbunden sind. Dabei wird nicht jede Feder einzeln von den Tauben gesteuert, vielmehr sind die Federschäfte mechanisch miteinander verbunden. Im PigeonBot übernehmen elastische Bänder zwischen den Federn diese Aufgabe.

PigeonBot hat neben einem Rumpf aus Hartschaumbrettern etwas Elektronik an Bord (GPS, Fernsteuerung, Motor mit Propeller, Aktuatoren für die Gelenke). An den Flügeln sind insgesamt 40 Flugfedern von Tauben befestigt. Wenn im Flug Hand und Finger eines Flügels zum Körper hin bewegt werden, dann fliegt PigeonBot eine Kurve in die Richtung dieses Flügels, "wobei das Handgelenk eine grobe Kontrolle und der Finger die Feinsteuerung ermöglicht", erläutern die Forscher.

Echte Taubenfedern hätten viele Vorteile, schreiben die Autoren. Sie seien "unglaublich weich, leicht und robust". Außerdem ermöglichten sie stabile elastische Reaktionen auf unterschiedliche aerodynamische Belastungen.

Hinzu kommt ein weiteres Phänomen, das Lentink und Kollegen in der Science-Studie genauer untersuchten: Wenn überlappende Flugfedern beim Strecken des Flügels auseinandergleiten, verhindert ein Mechanismus, dass sie sich ganz voneinander trennen.

Mithilfe von Elektronenmikroskopie und mechanischen Tests fanden die Forscher heraus, wie das System funktioniert: Im Flug verhaken sich Tausende von Flimmerhärchen auf den unten liegenden Federn in den kleinen Ästen der oben liegenden Federn. Das verhindert beim Spreizen der Flügel, dass Lücken in der Flügelfläche entstehen. Wenn der Flügel zum Körper hin gezogen wird, lösen sich die verhakten Flimmerhärchen mit einem Geräusch wie beim Öffnen eines Klettverschlusses. Bei Vögeln wie der Schleiereule, die sehr leise fliegen, fanden die Forscher diesen Mechanismus nicht.

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sz.de/dpa/hach
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