Süddeutsche Zeitung

Regeneration:Reparatur im Gehirn

Wenn Nervenzellen sterben, sind sie für immer verloren. Aber womöglich lassen sie sich von außen ersetzen. In Mäusehirnen ist das jetzt gelungen.

Von Kathrin Zinkant

Viele Menschen fürchten in der zweiten Lebenshälfte wohl nur eines mehr als das körperliche Gebrechen, und das ist der geistige Abbau. Sei es durch das Alter an sich, Verletzung oder Krankheit: Wenn Hirnzellen sterben, sind sie für immer verloren. Anders als zum Beispiel im Darm gibt es unter der Schädeldecke keine Stammzellen, die steten Nachschub liefern. Neurobiologen versuchen seit vielen Jahren, erneuerungsfähige Zellen von außen ins Gehirn zu schleusen. Offen blieb aber, ob die regenerierten Neuronen sich dort auch korrekt einfügen und genau so funktionieren wie ihre zerstörten Vorgänger. In Nature berichtet ein Team um Magdalena Götz vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in München nun von einem ersten Erfolg: Die Wissenschaftler pflanzten Mäusen embryonale Neuronen ( rot) in die zuvor beschädigte Sehrinde des Gehirns und verfolgten das Schicksal der übertragenen Zellen. Tatsächlich nahmen die neuen Neuronen den für sie vorgesehenen Platz im Netzwerk ein und stellten auch die richtigen Verknüpfungen zu den noch vorhandenen Zellen ( schwarz) her. Sie waren zudem in der Lage, Signale zu übertragen. Alzheimer ist deshalb noch nicht besiegt: In Menschen verbietet sich eine Transplantation embryonaler Zellen aus ethischen und rechtlichen Gründen. Vom Prinzip her haben die Forscher jedoch erstmals bewiesen, dass Lücken im Gehirn von außen reparabel sind.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2016
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