Süddeutsche Zeitung

Raumfahrt:Einmal never-come-back zum Mars, bitte!

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Eine Reise zum Mars wäre mit einem One-way-Ticket viel einfacher zu gestalten, meinen Experten. Selbstmordmission oder Weg zur wissenschaftlichen Unsterblichkeit?

Christopher Schrader

Die ersten Menschen auf dem Mars werden womöglich zweimal Geschichte schreiben: Wenn sie den Roten Planeten betreten, und wenn sie dort sterben. Indem der Raumflug von vornherein als Reise ohne Rückkehr geplant wird, ließe sich eine solche Mission viel einfacher vorbereiten und finanzieren, sagen jetzt zwei Professoren aus Amerika.

"Das ist keine Selbstmordmission", schreiben der deutsche Astrobiologe Dirk Schulze-Makuch von der Washington State University und der Kosmologe Paul Davies von der Arizona State University ( Journal of Cosmology, Bd.12, S.3619, 2010). "Die Astronauten würden mit der Absicht abreisen, für den Rest ihres Lebens zu bleiben, als Pioniere einer permanenten Marskolonie."

Als freiwillige Auswanderer kämen demnach Wissenschaftler und Ärzte in Frage, die bereits erwachsene Kinder haben und sich auf der Erde bei guter Gesundheit dem Rentenalter nähern. Sie könnten ihren Lebensabend bei aufregender Arbeit am Fuß des Olympus Mons verbringen, des 27 Kilometer messenden, höchsten Berges im Sonnensystem.

Solche Reisen ohne Rückkehr propagiert Davies schon seit einiger Zeit. Etliche Fachleute unterstützen ihn, unter ihnen der Nasa-Astronaut Buzz Aldrin, der 1969 als zweiter Mann den Mond betrat, sowie Joe Gavin, der das Entwicklungsteam der Apollo-Mondlandefähren geleitet hat. Sie alle sind überzeugt, dass es an Freiwilligen für die Marsreise ohne Rückflug keinen Mangel gäbe.

Für die One-way-Version sprechen den Experten zufolge mehrere Argumente. Zunächst wäre die Mission viel preisgünstiger, wenn der Treibstoff für den Rückflug nicht zum Mars transportiert werden muss; Paul Davies schätzt, die Ausgaben könnten um 80 Prozent sinken. Sie würden statt 500 Milliarden etwa 100 Milliarden Euro ausmachen.

Allerdings kämen erhöhte Kosten hinzu, denn eine Marsbasis bräuchte über Jahrzehnte hinweg spätestens alle 26 Monate, wenn sich ein günstiges Startfenster öffnet, Nachschub oder eine Erweiterung der Mannschaft.

"Sie würden mit Ehrungen und Preisen überhäuft"

Mehr Bedeutung geben die Experten ohnehin gesundheitlichen Aspekten. Überhaupt zum Mars aufzubrechen setze Astronauten erheblichen Gefahren bei Start und Landung sowie durch die kosmische Strahlung während des Fluges aus. Gegenüber einer konventionellen Mission ließen sich diese Risiken beim Verzicht auf eine Rückkehr halbieren.

"So grausam es klingt, die Astronauten würden ihr verbleibendes Leben besser auf dem Mars verbringen, als zum Sterben nach Hause zu kommen", schrieb der Physiker Lawrence Krauss, ebenfalls von der Arizona State University, vor einem Jahr in der New York Times.

Den gesundheitlichen Gefahren, die das dauerhafte Leben auf dem Mars mit sich brächte, lasse sich vorbeugen, so die Fachleute. Roboter könnten eine Basis in einer Höhle mit Wasservorkommen und Felder unter Glaskuppeln an der Oberfläche anlegen, bevor die ersten Menschen ankommen. Diese halten dann per E-Mail Kontakt zur Erde, wobei die Funksignale 20 Minuten für jede Wegstrecke brauchen würden.

Die Mars-Kolonisten könnten sich außer als Bauern als Wissenschaftler betätigen und den Mars gründlich untersuchen - zum Beispiel nach Spuren von dort lebenden Mikroben. "Sie bekämen eine phantastische Publikationsliste", schwärmt Davies. "Sie würden mit Ehrungen und Preisen überhäuft."

Nur persönlich entgegennehmen könnten sie diese nicht.

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Quelle:
SZ vom 26.10.2010
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