Süddeutsche Zeitung

Nach Lösung des Poincaré-Rätsels:Genie verschmäht Fields-Medaille

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Der Russe Gregori Perelman soll eines der schwierigsten Probleme der Mathematik gelöst haben, an dem sich die Experten seit mehr als 100 Jahren vergeblich die Köpfe zerbrochen hatten - er hat die Poincaré-Vermutung bewiesen.

Sebastian Herrmann

Ein Mathematiker, der eine Fields-Medaille trägt, gehört zum Hochadel seiner Wissenschaft.

Der Preis ist wohl die höchste Weihe, die in dieser Disziplin zu erlangen ist. Häufig wird die Auszeichnung, die nur alle vier Jahre an Mathematiker vergeben wird, die höchstens 40 Jahre alt sind, in ihrer Bedeutung mit dem Nobelpreis verglichen.

Gregori Perelman interessiert das alles nicht. Das verschrobene Mathematik-Genie aus St. Petersburg hat für derlei irdische Dinge offenbar nichts übrig: Der russische Wissenschaftler ließ mitteilen, dass er die Auszeichnung, die ihm am gestrigen Dienstag auf dem Internationalen Mathematikerkongress ICM 2006 in Madrid verliehen wurde, nicht annehmen werde.

Drei weitere Wissenschaftler dachten anders: Der Mathematik-Professor Andrej Okounkow von der Princeton-Universität, USA, Terence Tao von der Universität von Kalifornien in Los Angeles sowie der in Deutschland geborenen Franzose Wendelin Werner akzeptierten ihre Fields-Medaillen.

Schon im Vorfeld galten zwei Dinge als ausgemacht. Zum einen, dass Perelman mit dem Preis ausgezeichnet werden würde. Denn der Mathematiker soll eines der schwierigsten Probleme der Mathematik gelöst haben, an dem sich die Experten seit mehr als 100 Jahren vergeblich die Köpfe zerbrochen hatten - er hat die Poincaré-Vermutung bewiesen.

Zum anderen galt als sicher, dass der Russe die Fields-Medaille nicht annehmen würde. Hatte er doch schon keinerlei Interesse an einer Million Dollar gezeigt, die das Bostoner Clay-Institut für den Beweis der Poincaré-Vermutung ausgelobt hatte.

Generell gilt Perelman als schwieriger Charakter, als ein Mensch, der die Klischees vom absonderlichen Genie nahezu übererfüllt. "Er denkt an andere Dinge", sagt Manuel de Léon, Präsident des Mathematikerkongresses, "mich erinnert er an den Schachspieler Bobby Fischer."

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SZ vom 23.8.2006
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