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Medizin:Verwandelt

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Forschern der ETH Zürich ist es gelungen, Insulin-produzierende Zellen sehr gezielt aus Fettgewebe zu züchten. Ihre Methode könnte dazu beitragen, Diabetes mellitus irgendwann endlich heilbar zu machen.

Von Astrid Viciano

Viele Patienten verlieren ihr Augenlicht, anderen müssen die Füße amputiert werden, die meisten sterben einen zu frühen Tod. Diabetes mellitus, die Zuckerkrankheit, endlich zu heilen, ist daher die Hoffnung vieler Betroffener wie Mediziner. Die eigene Speckschwarte könnte künftig dabei helfen, so berichten Forscher um den Biotechnologen Martin Fussenegger von der ETH Zürich im Fachblatt Nature Communications. Ihnen gelang es, Stammzellen aus Fettgewebe erstmals gezielt in Insulin-produzierende Zellen zu verwandeln.

Bei Diabetes mellitus geraten die Betazellen der Bauchspeicheldrüse aus dem Lot - jene Zellen also, die das Hormon Insulin produzieren. Beim Typ 1 der Erkrankung sterben sie ab, beim Typ 2 kommen sie irgendwann nicht mehr nach, den gesteigerten Insulinbedarf zu decken und versagen schließlich den Dienst. Manche Patienten erhalten inzwischen Transplantate neuer Betazellen. Doch müssen die Betroffenen - wie bei allen Organverpflanzungen - immunsupprimierende Medikamente einnehmen, damit ihr Körper die fremden Zellen nicht abstößt.

Martin Fussenegger und seine Kollegen machten sich stattdessen daran, Betazellen aus körpereigenem Fettgewebe zu züchten. Im Labor ahmten sie dafür den natürlichen Prozess der Zellreifung nach, indem sie die drei dafür nötigen Proteine vorübergehend in die Stammzellen einschleusten, sie mal aktivierten, mal ausschalteten, mal nur in ihrer Wirkung mäßigten. Die entstandenen Zellen schütteten tatsächlich Insulin aus, wenn auch nur 70 Prozent der üblichen Menge. "Endlich können wir präzise und effizient Betazellen züchten", sagt Fussenegger. Bisherige Testreihen hatten mit vielen verschiedenen Wachstumsfaktoren gearbeitet, ohne den natürlichen Prozess der Reifung imitieren zu können. Die neue Methode, so hofft der Molekularbiologe, soll künftig auch die Züchtung anderen Gewebes ermöglichen.

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Quelle:
SZ vom 12.04.2016
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