Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:Die Politik versagt beim Tier- und Umweltschutz

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Viele Bürger wünschen sich, dass sie beim Kauf von Lebensmitteln besser informiert werden. Passiert aber ist in vier Jahren Regierungszeit: nichts.

Kommentar von Markus Balser

Selten machte eine einzige Zahl politisches Versagen so deutlich wie diese: Mehr als 80 Prozent der Deutschen wünschen sich, dass sie beim Kauf von Lebensmitteln endlich über Inhalt und Produktionsweise informiert werden. Genau das hatten ihnen Union und SPD auch in ihrem Koalitionsvertrag vor vier Jahren versprochen. Sie wollten die Hersteller dazu verpflichten über Herkunft, Gentechnik oder artgerechte Tierhaltung zu informieren. Passiert aber ist in vier Jahren Regierungszeit, was ein einziges Wort wiedergibt: nichts.

Längst spüren Verbraucher, dass etwas nicht mehr stimmt. In der Umwelt nicht und damit irgendwann auch für den Menschen nicht mehr. Zu selten dürfen Rinder, Schweine oder Hühner wirklich noch natürliche Wesen sein. Zu häufig sind sie Hochleistungsmaschinen. Im Grundwasser finden sich inzwischen rekordverdächtige Düngemittelrückstände.

Die Bilanz des Ministers ist beschämend

Die Politik weiß von alldem. Der Beirat des Agrarministers attestierte ihm die Defizite beim Tier- und Umweltschutz sogar schriftlich in einem Bericht. Schmidt hatte die große Chance, an den Fehlentwicklungen etwas zu ändern. Doch er hat sie kläglich verspielt. Selbst sein einzig verbliebenes Gesetzesprojekt für mehr Transparenz, ein freiwilliges Tierwohllabel, versandete noch vor den Wahlen.

Die Bilanz des Ministers bei der nötigen Reform von Agrar- und Lebensmittelindustrie ist damit beschämend. Ausgerechnet die Produktion von Lebensmitteln offenbart weiterhin eklatante Defizite bei Tierwohl und Umweltschutz. Dabei wären fast alle Bundesbürger bereit, mehr Geld genau dafür zu bezahlen.

Dass die Realität noch eine andere ist und sich die Kunden im Supermarkt vor allem am Preis orientieren, ist nicht allein ihre Schuld. Was fehlt, ist eine verlässliche Kennzeichnung, die darüber Auskunft gibt, wo und wie Tiere gehalten werden. Das ist zwar wahrlich kein Hexenwerk - bei Eiern ist ein solches System längst mit Erfolg eingeführt. Für die Koalition aber waren die eigenen Ziele eindeutig zu groß.

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