Süddeutsche Zeitung

Klimawandel:Wenn die Luft steht

Brennt die Sonne im Sommer wochenlang vom Himmel, kann ein Sturm mit kühler und feucher Luft Linderung bringen. Doch wegen des Klimawandels haben die Stürme über Europa bereits an Energie verloren.

Von Christopher Schrader

Der Rückgang von Sommerstürmen in Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten die Entstehung von Hitzewellen begünstigt. Kühle und feuchte Luft, die schnell vom Meer heranströmte, konnte nicht mehr so oft wie zuvor Perioden hoher Temperaturen beenden, zeigen Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in Science (online).

Diese Veränderung hängt letztlich mit dem Klimawandel zusammen, schreibt das Team um den Niederländer Dim Coumou. Verantwortlich dafür ist eine lange Ursachenkette: Die globale Erwärmung macht sich besonders in der Arktis bemerkbar, wo im Sommer das Eis viel stärker abschmilzt. Damit werden die Temperaturgegensätze zu gemäßigten Breiten geringer, die den sogenannten Jetstream antreiben. Das ist ein Band von Höhenwinden, die von West nach Ost rings um die Nordhalbkugel wehen und die Großwetterlage sowie die Sturmneigung bestimmen.

Die Potsdamer Forscher haben sich auf die Teile des Jetstreams konzentriert, die besonders schnell ziehen und ungefähr im Wochenrhythmus abwechselnd dominante Hoch- und Tiefdruckgebiete über Europa schieben. Die Energie in diesen Luftströmungen habe zwischen 1979 und 2013 laut Satellitenmessungen über die gesamte Nordhemisphäre bereits um etwa zehn Prozent abgenommen. Das heißt, dass die Stürme schlechter vorankommen und Hitzewellen mehr Zeit haben, betroffene Regionen aufzuheizen.

Diese Erkenntnis ergänzt ein Resultat, das Coumou mit Kollegen 2014 veröffentlich hat. Da konzentrierten sich die Forscher auf Bedingungen, in denen der Jetstream große träge Schlaufen wirft, die fast nicht vorankommen. Ein Hitzehoch kann dann über einer Region wochenlang stillstehen und sie richtig aufheizen - besonders, wenn die Höhenwinde keine Sturmtiefs heranführen.

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Quelle:
SZ vom 13.03.2015
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