Süddeutsche Zeitung

Gefährdete Tiere:Fischzählung

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Vor Kanada erholt sich der Kabeljau, vor den USA nicht. Grund sind unterschiedlich strenge Fischereigesetze.

Von Tina Baier

Einst ernährte der Kabeljau ganze Nationen. Jetzt ist der Fisch wegen jahrzehntelanger Überfischung vielerorts vom Aussterben bedroht. Immerhin gibt es nun eine gute, jedoch auch eine schlechte Nachricht. Die gute: Der Bestand im Nordatlantik vor Neufundland und Labrador scheint sich zu erholen. Die schlechte: Im Golf von Maine steht der Kabeljaubestand nach wie vor kurz vor dem Kollaps. Ersteres meldeten Wissenschaftler diese Woche im Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences, Letzteres stand zwei Tage später in Science.

"Die Unterschiede könnten damit zusammenhängen, dass die Kanadier die Fischerei deutlich stärker eingeschränkt haben als die Amerikaner im Golf von Maine", sagt Philipp Kanstinger, der beim WWF für Fischerei und Aquakultur zuständig ist. Ein weiterer Grund dafür, dass sich der Bestand im Golf von Maine offenbar nicht erholt, ist nach Angaben der Wissenschaftler in Science, dass sich das Wasser dort im Zeitraum von 2004 bis 2013 um "99 Prozent schneller erwärmt hat als irgendwo sonst auf der Erde". Die Fische bekämen deshalb weniger Nachwuchs. Ursache der raschen Erwärmung seien veränderte Meeresströmungen.

Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN ist Gadus morhua als "gefährdet" eingestuft. Anfang der 1990er-Jahre seien alle Kabeljaubestände wegen dramatischer Überfischung auf ein bis zehn Prozent des ursprünglichen Vorkommens zusammengebrochen, sagt Kanstinger. Vor Kanada hätten sich die Fische jetzt wieder auf 16 Prozent erholt. Dass sei aber immer noch zu wenig, um das Fangverbot zu lockern. Die strengen Gesetze der kanadischen Regierung haben dem Kabeljau offenbar sehr geholfen, sind aber wahrscheinlich nicht der einzige Grund, warum es dem Fisch dort besser geht als anderswo. Positiv ausgewirkt hat sich wohl auch, dass sich vor Kanada auch der Kapelan stark vermehrt hat - die Hauptnahrung des Kabeljaus

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Quelle:
SZ vom 30.10.2015
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