Süddeutsche Zeitung

Eisbär-Obduktion:Knut litt an Gehirnentzündung

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Drei Jahre lang wurde der verstorbene Eisbär Knut erforscht, beprobt, vermessen. Gleich fünf Forschungsgruppen versuchten, die Todesursache des Berliner Bären mit High-Tech zu klären. War der Aufwand gerechtfertigt?

Von Christoph Behrens

Fast drei Jahre nach dem Tod von Eisbär Knut hat der Forschungsverbund Berlin eine Art Obduktionsbericht vorgelegt. Knut war im März 2011 im Berliner Zoo ertrunken, hatte zuvor aber an Krämpfen gelitten.

Mindestens fünf Forschungsgruppen rückten dem Kadaver mehr als zwei Jahre lang mit modernsten Methoden zu Leibe. Erbgut-Analysen von zig Millionen möglicher Krankheitserreger folgten ebenso wie bioinformatische Methoden. Es sei die bislang "umfangreichste Auswertung einer Todesursache eines Zootiers", teilt das federführende Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) mit.

Umso enttäuschender ist das Ergebnis. Zwar stellte man bereits im April 2011 fest, dass Knuts Gehirn entzündet war. Doch der Auslöser für die Gehirnentzündung bleibt unbekannt. Anfangs wurde ein Pferde-Herpesvirus verdächtigt, später wieder verworfen. Zudem litt der Polarbär an einer leichten Grippe, die aber ebenfalls nicht bis ins Gehirn vordrang. "Nach so viel harter Arbeit erscheinen die Resultate ernüchternd", sagt der Virologe Klaus Osterrieder von der Freien Universität Berlin. "Wir können das Influenza-Virus nicht für den Tod von Knut verantwortlich machen."

"Spektakulärer Fall"

Ohnehin stellt sich die Frage, warum die Forscher mit derartiger Inbrunst die Ursache für das Verenden eines Zootiers ausleuchteten. Gewiss produzierten sie dabei etwa die Erkenntnis, dass ein Herpesvirus, das eigentlich Zebras befällt, für Eisbären gefährlich sein kann. Mit diesem Virus sei auch Knuts Vater Lars im Wuppertaler Zoo angesteckt worden (er überlebte die Erkrankung). Doch ist dies wirklich "wegweisend für das Krankheits-Management von Zootieren", wie die Forscher schreiben?

"Knut war einfach ein spektakulärer Fall, an dem man neueste Untersuchungsmethoden anwenden konnte", sagt die leitende Pathologin Claudia Szentiks vom IZW. "Die ganze Welt hat darauf geschaut". Deshalb sei es wichtig, solche Fälle aufzuklären, so Szentiks, "auch um zur Aufklärung anderer Fälle in Zoos beizutragen."

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Quelle:
SZ vom 04.01.2014
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