Süddeutsche Zeitung

Die Tricks der Zecke:Wie der Holzbock sticht

Lesezeit: 2 min

Wissenschaftler aus Deutschland und den USA haben in Nahaufnahme verfolgt, wie Zecken den Mundapparat in die Haut ihres Wirts bohren und verankern. Die kleinen Parasiten setzen ihre Kieferklauen dabei ein wie Brustschwimmer die Arme.

Mit Film- und Mikroskopaufnahmen haben Forscher der Berliner Charité und der Harvard University in den USA den Prozess nachverfolgt, wie der Gemeine Holzbock ( Ixodes ricinus) sich mit seinem Kieferapparat in der Haut seines Opfers verankert.

Diese Zeckenart aus der Familie der Schildzecken kann die Erreger der gefährlichen Lyme-Borreliose übertragen ( Proceedings of the Royal Society B). Auch mit FSME-Viren kann man sich über Zecken infizieren.

Das Team hatte Zecken-Nymphen auf die Ohren betäubter haarloser Mäuse gesetzt und dann verfolgt, wie diese Ihr Opfer stechen.

Bei Nymphen handelt es sich um das zweite Entwicklungsstadium der Spinnentiere. Das erste Stadium, die Larve, ist so klein, dass sie mit bloßem Auge leicht übersehen wird. Nymphen sind etwas länger als einen Millimeter, während die adulten Tiere auf eine Länge von drei bis vier Millimeter kommen.

Vollgesogen kann eine Zecke auf eine Größe von mehr als einem Zentimeter kommen.

Wie die Wissenschaftler feststellten, ritzen die Blutsauger die Haut ihres Opfers zuerst abwechselnd mit ihren zwei Kieferklauen, den Cheliceren, an.

Dann führen sie beide Kieferklauen gleichzeitig ein und stemmen sie nach außen, so dass sie mehrmals ein V bilden, aus dessen Winkel sich das zungenförmige, hohle und mit Widerhaken besetzte Hypostom in die Haut schiebt. Die Bewegung der Kieferklauen erinnert dabei an die Arme eines Brustschwimmers.

"Die Zecke verbindet ihre Schwimmbewegungen mit dem festen Verankern im Wirt. Wir kennen keinen anderen Organismus, der diese beiden Prozesse so kombiniert", sagte die nunmehr in Braunschweig arbeitende Biologin Dania Richter, die an den Forschungen federführend beteiligt war. "Der Vorgang dauert mehrere Minuten. Manchmal geht es auch schneller, wenn die Zecke ganz sicher ist, dass sie den richtigen Wirt gefunden hat."

Danach verankere sich das Tier dort für etwa eine Woche, um Blut zu saugen - wenn es nicht entdeckt und entfernt werde. Anders als oft vermutet, sei es nicht gefährlich, wenn beim Entfernen einer Zecke ein Stück in der Haut stecken bleibe. "Da bricht das Hypostom ab, der mit Widerhaken versehene Unterkiefer. Davon geht keine Gefahr aus, weil keine Erreger darin sind", sagte die Biologin.

Bekannt sei zudem, dass die Erreger der Lyme-Borreliose in den ersten 24 Stunden nach einem Zeckenbiss nur sehr selten übertragen werde. Borreliose könne somit vermieden werden, wenn der Körper regelmäßig auf Zecken abgesucht werde.

Schneller sind die Viren, die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) hervorufen können. In Deutschland werden jährlich 100 bis 200 Menschen von den FSME-Viren befallen, bei 30 Prozent Symptome hervorufen und bei etwa zehn Prozent der Patienten gesundheitliche Schäden verursachen. Gegen FSME gibt es allerdings eine Impfung.

"Die Zecke sollte sobald wie möglich entfernt werden, die Stelle desinfiziert und dann sollte auf die körperliche Verfassung geachtet werden", empfahl die Expertin. Typisches Anzeichen für eine Borreliose ist häufig ein roter Hautring, der sich um die Einstichstelle ausbreitet. Weitere Symptome sind Gelenk- und Muskelschmerzen, Lähmungserscheinungen in Armen oder Beinen und Hautveränderungen.

Nach einer FSME-Infektion kann es etwa zwei Wochen nach dem Zeckenstich zu grippeartigen Symptomen und dann Nervenentzündungen oder Lähmungen kommen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1807079
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.