Süddeutsche Zeitung

"Sensationsfund":Blaukrabbe erstmals in der deutschen Ostsee entdeckt

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Sie ist blau, das Fleisch gilt als Delikatesse: In der Ostsee hat ein Spaziergänger auf Usedom eine 20 Zentimeter große Blaukrabbe gefunden. Die Kuratorin des Meeresmuseums ist begeistert.

Von Michael Schnippert

An der Küste von Mecklenburg-Vorpommern ist eine dort bislang unbekannte Krabbenart aufgetaucht. Es handle sich um eine Blaukrabbe, "die hier bisher noch nie gefunden worden ist", sagt Ines Martin vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund. "Das ist schon wirklich eine Sensation."

Bei dem Fund auf Usedom handele sich um den ersten Nachweis der Krabbe an der südlichen Ostseeküste. Es war eher damit zu rechnen, dass ein Tier in der westlichen Ostsee bei den dänischen Inseln oder in der Kieler Förde gefunden wird, sagte Martin der Süddeutschen Zeitung. "Ich habe beim Museumsdirektor in Kiel nachgefragt, der hat noch keinen Nachweis einer Blaukrabbe."

Das Exemplar sei tot 200 Meter neben der Seebrücke in Ahlbeck auf Usedom von einem Strandspaziergänger gefunden worden. Der habe wegen der auffälligen Farbe gleich erkannt, dass es sich hier um eine besondere Krabbe handelt und das Meeresmuseum verständigt. "Ich konnte ihm recht schnell bestätigen, dass es ein Sensationsfund ist", sagt Martin. Bislang konnte die Art, die eigentlich an der amerikanischen Ostküste heimisch ist, nur in der Nordsee nachgewiesen werden.

Im Vergleich zu heimischen Krabben ist das Tier mit mehr als 20 Zentimetern Breite ungewöhnlich groß. Nach Aussage Martins ist die Krabbe generell für die Fischerei interessant. "Vor allem das Muskelfleisch in den Gliedmaßen gilt als Delikatesse und ist ergiebig", sagt die Biologin. In den USA bekommen Fischer beispielsweise pro Kilo bis zu 80 Dollar. Auch in Brasilien, Argentinien sowie in einigen Mittelmeer-Regionen lohnt es sich, die Tiere zu fangen und zu verkaufen.

Erst zwei weitere Exemplare in der Ostsee nachweislich gefunden

Um 1900 habe es an der französischen Atlantikküste einen ersten Nachweis dieser Art in Europa gegeben und 1964 den ersten Fund in der Nordsee in der Nähe von Cuxhaven, so Martin. "Nur zwei Einzelnachweise für die Ostsee sind bisher in der Literatur erwähnt: 1951 bei Kopenhagen und 2007 weiter nördlich in Skagen, zwischen dem Kattegat und Skagerak. Für die innere Ostsee waren bis dato keine Funde gemeldet."

Wie die Krabbe hierher kam, kann laut Meeresmuseum nur gemutmaßt werden. Immer wieder verirrten sich Tiere und gelangten auch begünstigt von bestimmten Strömungen in die Ostsee. Dass die Blaukrabbe in der Ostsee heimisch wird, ist in der nächsten Zeit nicht zu erwarten. "Die Larven brauchen das richtige Futter", sagt Martin. Außerdem sind für die Jungtiere zwischen 15 und 30 Grad Wassertemperatur ideal. "Die Ostsee erreicht aktuell nur im Sommer bis zu 20 Grad."

Allerdings erwärmt sich kaum ein Meer so schnell wie die Ostsee, so Martin. "Es ist nicht auszuschließen, dass sich Blaukrabben künftig dort fortpflanzen und leben können."

Präparatorin des Meeresmuseums freut sich über Glücksfund

Für Annerose Goldbecher, Präparatorin des Meeresmuseums, handelt es sich um einen Glücksfund. Im Rahmen der Modernisierung des Museums bereitete sie zuletzt ein älteres Exemplar einer Blaukrabbe aus der Sammlung für die Ausstellung vor. Durch die Konservierung fehlte allerdings die Farbe, weshalb sie den Panzer neu einfärben musste. "Die Abbildungen suche ich mir überwiegend aus dem Internet." Im besten Fall, so wie jetzt, stehe aber ein Original als Vorlage zur Verfügung.

Die gefundene Blaukrabbe wird ihrerseits in einer Alkohollösung konserviert und Teil der biologischen Sammlung des Deutschen Meeresmuseums. Zur Krebstier-Sammlung zählen laut Museum bereits über 5500 Objekte, darunter etwa das Präparat einer Japanischen Riesenkrabbe.

Mit Material der dpa

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