Süddeutsche Zeitung

Biologie:Käferbein mit Gewinde

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Bislang haben Forscher das Prinzip von Schraube und Mutter als Erfindung des Menschen betrachtet. Rüsselkäfer besitzen jedoch ein Gelenk, das ganz ähnlich funktioniert.

Katrin Blawat

Rüsselkäfer haben in ihren Beinen ein Gelenk, wie es bisher noch von keinem Lebewesen bekannt war: Das erste und zweite Glied in den Käferbeinen ist nach dem Prinzip von Schraube und Mutter miteinander verbunden ( Science, Bd.333, S.52, 2011).

Das Gelenk entspricht in etwa dem Hüftgelenk der Wirbeltiere. Andere Lebewesen haben in Hüfte und Schultern hingegen Scharnier- oder Kugelgelenke. Bislang hatten Forscher das Prinzip von Schraube und Mutter als rein technische Erfindung des Menschen angesehen.

"Nun zeigt sich aber, dass uns die Natur auch hierbei zuvorgekommen ist, denn Rüsselkäfer laufen wahrscheinlich bereits seit etwa 100Millionen Jahren mit einer derartigen Konstruktion herum", sagt Studienautor Alexander Riedel vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe.

Das Schraubengelenk verleiht dem Käferbein eine größere Beweglichkeit und hilft dem Insekt vermutlich dabei, an Bäumen hoch zu klettern und sich festzuhalten. Allerdings können bei einem Schraubengelenk Nährstoffe, Sauerstoff und Nervenimpulse nur über eine enge Öffnung in der Schraube in den Rest des Beines gelangen.

Bei Wirbeltieren ist eine solche Konstruktion nicht möglich. "Muskeln und Gefäße würden zu viel Volumen beanspruchen", sagt Riedel. Zudem setzen bei Wirbeltieren, anderes als bei Insekten, Muskeln und Sehnen an den Gelenken an - was ebenfalls nicht mit einem Schraubengelenk zu vereinbaren ist.

Die Forscher hatten zunächst Rüsselkäfer der Art Trigonopterus oblongus, heimisch in Papua-Neuguinea, mit Hilfe von Synchrotonstrahlung untersucht. Dabei entstanden dreidimensionale Bilder des etwa einen halben Millimeter großen Schraubengelenks.

Die Käfer stammten aus dem Karlsruher Naturkunde-Museum. Die Forscher fanden auch bei anderen Rüsselkäfern Schraubengelenke und vermuten daher, dass diese bei allen Rüsselkäferarten vorkommen.

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Quelle:
SZ vom 01.07.2011
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