Süddeutsche Zeitung

Astronomie:Kinderstube der Planeten

Erstmals ist es dem Alma-Teleskop gelungen, die Spuren heranwachsender Planeten rund um einen jungen Stern zu beobachten. Die Aufnahme wirft Fragen auf - entstehen neue Planeten viel schneller als gedacht?

Von Alexander Stirn

Noch ist es ziemlich unaufgeräumt in der Kinderstube des Sterns HL Tauri. Viel Gas, viel Dreck, viel Unordnung. Ganz langsam schälen sich allerdings die Bahnen heraus, die die Planeten des Sterns eines Tages einnehmen werden - als schwarze Ringe in einer hellen, runden Scheibe.

Das Bild, aufgenommen vom Alma-Teleskop der Europäischen Südsternwarte, zeigt erstmals mit hoher Auflösung, wie sich ein junges Sonnensystem formt: "Protoplanetare Scheibe" nennen Astronomen die flache Wolke aus Gas und Staub, die übrig bleibt, wenn sich ein Stern gebildet hat. Nach und nach bleiben die Staubteilchen aneinander hängen; sie wachsen zu Körnern und Klumpen heran. Da mit steigender Masse auch die Anziehungskraft zunimmt, sammeln die Brocken immer mehr Dreck ein. Asteroiden, Kometen und irgendwann auch Planeten entstehen. Ihre Bahnen, die bereits von Dreck freigeräumt wurden, sind als dunkle Spuren sichtbar.

Eigentlich sollte diese planetare Sturm-und-Drang-Phase, so die Vorstellung von Astronomen, viele Millionen Jahre dauern. HL Tauri, etwa 450 Lichtjahre von der Erde entfernt, ist aber nur eine Million Jahre alt. Das Bild des Alma-Teleskops erlaubt damit nicht nur einen einzigartigen Blick in die Kinderstube der Planeten, es stellt auch die bisherige Theorie von ihrer Entstehung infrage.

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Quelle:
SZ vom 08.11.2014
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