Süddeutsche Zeitung

Zwischen den Zahlen:Warten am Kai

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Endlich fahren die Fähren wieder nach Griechenland! Oder doch nicht? Die potenziellen Mitfahrer brauchen jedenfalls dringend Urlaub - und Griechenland braucht dringend die Touristen.

Von Marc Beise

Ein Schiff wird kommen, und das bringt mir den einen / den ich so lieb' wie keinen, und der mich glücklich macht: Lale Anderson hat das in den Sechzigerjahren gesungen, die deutsche Schauspielerin und Sängerin aus Bremerhaven ("Lili Marleen"), aber wie viel stimmiger ist die Version von Melina Mercouri, der griechischen Schauspielerin und Sängerin aus Athen. Es ist ja auch ein griechischer Schlager: "Ta pedia tou Pirea" von Manos Hadjidakis, und Melina singt ihn, auf dem Bett liegend, mit rauchiger Stimme, in "Sonntags . . . nie" von Jules Dassin, den sie später heiratete, und . .

. Genug von früher, aber heute kommt das Schiff eben auch nicht, und das ist ein Ärgernis, wenn man beispielsweise dringend nach Griechenland möchte und sich darauf verlassen hatte, dass die Fähre ab Italien bald wieder Urlauber aufnehmen werde. Versprochen war das für diese Woche, 15. Juni, und tatsächlich bereits am 15. Juni teilten die Behörden mit, dass es jetzt doch der 1. Juli werden soll. Das muss einen einerseits nicht wundern, wenn man das Gewimmel an Bord kennt, wo die wenigsten Mitreisenden in Kabinen separiert die Nacht und die Tage verbringen, sondern sich in Aufenthaltsräumen und in den Gängen knubbeln. Und andererseits wünschte man sich selbst jetzt endlich unter den Olivenbaum, und übrigens würde man auch die Rückkehr zur Normalität dem Land gönnen, das so sehr am Tourismus hängt und davon seit Corona abgeschnitten ist. Wie die griechische Nationalbank soeben meldet, sind die Tourismuseinnahmen im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um sage und schreibe 99 Prozent gesunken, auf nur noch 7,28 Millionen Euro, das ist einfach nur trostlos. Immerhin, und das ist die gute Nachricht, hat Griechenland das Virus bisher vergleichsweise gut im Griff, unter anderem weil die Behörden schnell und entschlossen reagiert haben. So könnte es vielleicht doch sein, dass der Tourismus sich rascher erholt als erwartet.

Die Flughäfen sind schon wieder offen. Und wenn jetzt auch noch die Fähre kommt . .

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SZ vom 20.06.2020
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